200. Geburtstag als Signal zum Aufbruch
Wachstum, Wille zur Digitalisierung, aber auch Sorgen der Bauern prägen Kärntens Raiffeisensektor zum Jubiläum.
Rückenwind für den Aufbruch“verspürt man in der Kärntner RaiffeisenGruppe – quer durch alle Sektoren bewegt sich der gelbe Riese im Jubiläumsjahr 2018 auf dem Pfad zwischen Tradition und Moderne: Die Bereiche Geld, Milch, Ware und Vieh/Fleisch sind die vier Pfeiler, auf denen sich Raiffeisen, Vorreiter des Genossenschaftswesens, in Kärnten stützt. 200 Jahre nach der Geburt von Wilhelm Friedrich Raiffeisen, zum Erfinder des „Crowdfundings“erklärt, sei die Bedeutung solcher solidarischer Gemeinschaften ungebrochen. Das betont die Führungsriege rund um Aufsichtsratschef Robert Lutschounig.
Mit den aktuellen Zahlen „seiner“Banken wäre der alte Raiffeisen wohl hochzufrieden: Die Bankengruppe Kärnten schloss 2017 überdurchschnittlich gut ab. Einlagen und Ausleihungen legten zu, im Bundesländervergleich sei man unter den besten Giebelkreuz-Banken zu finden. Rasant im Wachsen ist Electronic Banking – fast 100.000 der 210.00 GirokontenBesitzer nutzen bereits „Elba“. Sieben der 150 Bankstellen wurden geschlossen, eine neue eröffnet. RLB-Vorstandsdirektor Georg Messner kündigt jetzt mehrere Offensiven an: Ein Online-Shop, eine neue Website und ein Kundenkontakt-Center würden heuer verwirklicht.
andere Zahlen geht es bei der Kärntnermilch – fast 105 Millionen Euro setzte die neuntgrößte Molkerei Österreichs 2017 um, 126,4 Millionen Kilo Milch wurden verarbeitet. Neue Chancen ortet Obmann Reinhard Scherzer in der Biomilch: Gut 20 Prozent beträgt bereits deren Anteil, einer von vier der 1092 KärntnermilchBauern liefern bereits biologisch erzeugte Milch. Schwer zu schaffen macht Molkerei und Bauern der volatile Milchpreis, „die Stimmung ist sehr negativ“.
Die Kärntnermilch wird daher fixe Quoten für die Bauern einführen, analog zu anderen Molkereien. Die Politik sieht Scherzer gefordert: „Wir wollen ein Verbot von Aktionen mit hochwertigen Lebensmitteln“, auch „1+1 gratis“-Aktionen im Handel seien abzustellen. Scherzer will zudem einen Transportausgleich für höhere Milch-Abholkosten.
Digitalisierungsprojekt ist bei den Lagerhäusern im Gange: Österreichweit werden 70.000 Produkte im April „ins Netz gestellt“, sagte Rudolf Grünanger, Chef des La- gerhaus Klagenfurt, St. Veit und Rosental. Die Digitalisierung halte nicht nur im Handel, sondern in die Landwirtschaft zunehmend Einzug: Unter dem Schlagwort „Smart Farming“werden künftig Roboter auf dem Feld den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Sein Aufruf an die Bauern, Marken zu schaffen und zu forcieren, ist etwa im Bereich „Vieh/Fleisch“gelebte Praxis. Die Preise für Rinder und Schweine seien 2017 deutlich gestiegen, die Wertschöpfung wachse durch den Trend weg von Lebend- hin zu Schlachtrindern. „Der Anteil der Fleischvermarktung steigt“, freut sich Josef Fradler, Obmann der „Bäuerlichen Vermarktung Kärntner Fleisch“, das vergrößere die Wertschöpfung für heimische Bauern.
Den 200. Geburtstag von Raiffeisen will man in Kärnten zum Anlass nehmen, „frech und unerwartet“Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Mit eigens gekennzeichneten Produkten aus dem Giebelkreuz-Universum – vom Baumaterial bis zum Milchpackerl – soll das Jubiläum begangen werden, die sozialen Aspekte und der Grundgedanke der Solidarität werden ebenso Raum finden wie die Betonung der Kern-Stärken: regionale Wertschöpfung, Selbstverwaltung und Nachhaltigkeit.