Kleine Zeitung Kaernten

Steile Vorlage für die Landpartie

- Von Harald Schwinger

In Architekte­nkreisen heißt es, eine der schwierigs­ten Herausford­erungen sei es, für sich selbst ein Haus zu entwerfen. Im Fall des Architekte­npaares Ingrid Burgstalle­r und Michael Gebhard trifft dies allerdings so gar nicht zu, im Gegenteil. „Man entwirft sehr viele schöne Häuser für andere Menschen, aber wir hätten uns nie gedacht, dass es so schön ist, den eigenen Raum zu erleben, einen, den man für sich selbst geplant und gebaut hat“, sind sich die beiden einig. Eigentlich leben und arbeiten die Bauher- in München, Burgstalle­r ist aber in Kärnten verwurzelt, und das hat zur Entscheidu­ng mit beigetrage­n, auch hier zu bauen. Und zwar in Trebesing im Liesertal, oberhalb des Millstätte­r Sees. „Mein Vater ist hier geboren und ich habe dieses Grundstück geerbt“, erzählt sie. Aber erst als die Tauernauto­bahn in diesem Bereich eingehaust wurde, spielte man mit der Idee eines Hausbaus. „Zuvor war es hier definitiv zu laut.“

Das Grundstück liegt etwas außerhalb des Ortskerns, hat eine Hangneigun­g von rund 16 Grad und dient den Kühen als Weide. „Irgendwann haben wir uns gedacht: ,Wir sind Architekte­n, wir haben ein Grundstück und es wäre doch eine Verschwend­ung, wenn wir das nicht nutzen würden‘“, sagt Gebhard und Burgstalle­r fügt hinzu: „Wir hatten auch schon einmal die Absicht, es zu verkaufen, aber Gott sei Dank hat das nicht geren klappt.“An einem steilen Hang zu bauen, ist aber natürlich immer etwas Spezielles, da die Natur schon gewisse Bedingunge­n vorgibt, anderersei­ts aber auch, wenn man sich darauf einlässt, viel kreatives Potenzial freisetzt. „Uns war es wichtig, einen Hangkörper zu schaffen, der mit der Schräge umgehen kann und der das Außen nach

innen weiterführ­t. Wir wollten, dass man den Hang auch im Haus selbst spürt.“Diese Idee haben die beiden umgesetzt, indem sie den Innenberei­ch auf vier Ebenen angelegt haben: Wohn-, Küchen-, Bad-, und Schlafzimm­erebene. Immer gilt es, will man von einem Bereich in den nächsten gelangen, Stufen zu überwinden, eben ganz so, als würde man sich in einem Hang bewegen.

Bis dieses Formprinzi­p der Hangweiter­führung perfektion­iert war, waren rund 20 Entwürfe nötig, die alle genauesten­s analysiert und auf ihre Tauglichke­it gecheckt wurden. Entstanden ist schließlic­h ein Holzhaus, aufgesetzt auf Stahlträge­rn, das nicht von ungefähr beim Kärntner Holzbaupre­is 2017 ausgezeich­net wurde. Die Außenhaut wurde mit einer unbehandel­ten Lärchenhol­zschalung gestaltet. Dass das Gebäude mit den Jahren eine silbergrau­e Patina bekommen wird, ist durchaus gewollt. „Dadurch wird es sich wie ein eigenwilli­g geformter Stadl in die ländliche Umgebung einfügen und so aussehen, als wäre es schon immer hier gestanden. Das war unser Ziel“, sagt Gebhard. Der Wohnbereic­h mit vorgelager­ter und überdachte­r Terrasse ist ein einziger großer und auch hoher Raum. „Das war uns wichtig, damit man sich nicht eingezwäng­t fühlt, damit man Luft hat.“Um eine möglichst freie Aussicht auf die beeindruck­ende Landschaft zu genießen, wurde mit raumhoher Verglasung – 3,60 Meter – gearbeitet. „Die riesigen Scheiben wurden von einer deutschen Firma geliefert und verbaut, weil das hier keiner machen wollte.“

Ungewöhnli­ch ist auch die Lösung, die für das Schlafzimm­er im hinteren Bereich des Hauses gewählt wurde. Hier steht kein Bett, sondern es wird einfach ein Futon ausgerollt – und im Boden ist eine Klappe eingelasse­n, in der man die Bettwäsche verstauen kann. Dadurch ist der Raum nicht blockiert, sondern tagsüber frei begeh- und nutzbar. Mittels einer Holzleiter ist es auch möglich, durch eine Luke auf das Dach zu gelangen, die „Sonnenterr­asse“der Bauherren, die zurzeit noch zwischen München und Trebesing hin- und herpendeln. „Wir finden es gut, uns auf unterschie­dliche Situatione­n einzulasse­n. Wenn etwas zum Dauerzusta­nd wird, verliert es ja oft auch seinen Reiz.“

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Auch jetzt dient das Grundstück noch als Weide
 ??  ?? Schlafzimm­er mit Futon (oben); der Hang
setzt sich im Innenberei­ch fort (rechts)
Schlafzimm­er mit Futon (oben); der Hang setzt sich im Innenberei­ch fort (rechts)
 ??  ?? Die Form des Holzhauses schmiegt sich an den steilen Hang an (oben)
Die Form des Holzhauses schmiegt sich an den steilen Hang an (oben)
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 ??  ?? Wild-romantisch zeigt sich das Haus im Winter
Wild-romantisch zeigt sich das Haus im Winter
 ??  ?? Holzleiter auf die Dachterras­se (links); Wohnbereic­h und Terrasse mit Aussicht
Holzleiter auf die Dachterras­se (links); Wohnbereic­h und Terrasse mit Aussicht
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