Steile Vorlage für die Landpartie
In Architektenkreisen heißt es, eine der schwierigsten Herausforderungen sei es, für sich selbst ein Haus zu entwerfen. Im Fall des Architektenpaares Ingrid Burgstaller und Michael Gebhard trifft dies allerdings so gar nicht zu, im Gegenteil. „Man entwirft sehr viele schöne Häuser für andere Menschen, aber wir hätten uns nie gedacht, dass es so schön ist, den eigenen Raum zu erleben, einen, den man für sich selbst geplant und gebaut hat“, sind sich die beiden einig. Eigentlich leben und arbeiten die Bauher- in München, Burgstaller ist aber in Kärnten verwurzelt, und das hat zur Entscheidung mit beigetragen, auch hier zu bauen. Und zwar in Trebesing im Liesertal, oberhalb des Millstätter Sees. „Mein Vater ist hier geboren und ich habe dieses Grundstück geerbt“, erzählt sie. Aber erst als die Tauernautobahn in diesem Bereich eingehaust wurde, spielte man mit der Idee eines Hausbaus. „Zuvor war es hier definitiv zu laut.“
Das Grundstück liegt etwas außerhalb des Ortskerns, hat eine Hangneigung von rund 16 Grad und dient den Kühen als Weide. „Irgendwann haben wir uns gedacht: ,Wir sind Architekten, wir haben ein Grundstück und es wäre doch eine Verschwendung, wenn wir das nicht nutzen würden‘“, sagt Gebhard und Burgstaller fügt hinzu: „Wir hatten auch schon einmal die Absicht, es zu verkaufen, aber Gott sei Dank hat das nicht geren klappt.“An einem steilen Hang zu bauen, ist aber natürlich immer etwas Spezielles, da die Natur schon gewisse Bedingungen vorgibt, andererseits aber auch, wenn man sich darauf einlässt, viel kreatives Potenzial freisetzt. „Uns war es wichtig, einen Hangkörper zu schaffen, der mit der Schräge umgehen kann und der das Außen nach
innen weiterführt. Wir wollten, dass man den Hang auch im Haus selbst spürt.“Diese Idee haben die beiden umgesetzt, indem sie den Innenbereich auf vier Ebenen angelegt haben: Wohn-, Küchen-, Bad-, und Schlafzimmerebene. Immer gilt es, will man von einem Bereich in den nächsten gelangen, Stufen zu überwinden, eben ganz so, als würde man sich in einem Hang bewegen.
Bis dieses Formprinzip der Hangweiterführung perfektioniert war, waren rund 20 Entwürfe nötig, die alle genauestens analysiert und auf ihre Tauglichkeit gecheckt wurden. Entstanden ist schließlich ein Holzhaus, aufgesetzt auf Stahlträgern, das nicht von ungefähr beim Kärntner Holzbaupreis 2017 ausgezeichnet wurde. Die Außenhaut wurde mit einer unbehandelten Lärchenholzschalung gestaltet. Dass das Gebäude mit den Jahren eine silbergraue Patina bekommen wird, ist durchaus gewollt. „Dadurch wird es sich wie ein eigenwillig geformter Stadl in die ländliche Umgebung einfügen und so aussehen, als wäre es schon immer hier gestanden. Das war unser Ziel“, sagt Gebhard. Der Wohnbereich mit vorgelagerter und überdachter Terrasse ist ein einziger großer und auch hoher Raum. „Das war uns wichtig, damit man sich nicht eingezwängt fühlt, damit man Luft hat.“Um eine möglichst freie Aussicht auf die beeindruckende Landschaft zu genießen, wurde mit raumhoher Verglasung – 3,60 Meter – gearbeitet. „Die riesigen Scheiben wurden von einer deutschen Firma geliefert und verbaut, weil das hier keiner machen wollte.“
Ungewöhnlich ist auch die Lösung, die für das Schlafzimmer im hinteren Bereich des Hauses gewählt wurde. Hier steht kein Bett, sondern es wird einfach ein Futon ausgerollt – und im Boden ist eine Klappe eingelassen, in der man die Bettwäsche verstauen kann. Dadurch ist der Raum nicht blockiert, sondern tagsüber frei begeh- und nutzbar. Mittels einer Holzleiter ist es auch möglich, durch eine Luke auf das Dach zu gelangen, die „Sonnenterrasse“der Bauherren, die zurzeit noch zwischen München und Trebesing hin- und herpendeln. „Wir finden es gut, uns auf unterschiedliche Situationen einzulassen. Wenn etwas zum Dauerzustand wird, verliert es ja oft auch seinen Reiz.“