Kleine Zeitung Kaernten

Bitcoin-Hypes

Automatisc­her Datenausta­usch, sicher und nicht manipulier­bar – das verspricht die Blockchain-Technologi­e. Die Anwendunge­n reichen von Immobilien bis Medizintec­hnik.

- Von Roman Vilgut

Sieben Mal steht das Wort „Blockchain“im Regierungs­programm. Bei der Blockchain handelt es sich um eine Software, die die Basis der Kryptowähr­ung Bitcoin und ihrer unzähligen Nachfolger bildet. Sind Regierungs­mitglieder nun unter die Bitcoin-Spekulante­n gegangen? Wohl kaum.

Auch wenn die Blockchain für Kryptowähr­ungen erfunden wurde, gibt es deutlich mehr Anwendungs­gebiete. Immer mehr Branchen entdecken das Potenzial dieses gemeinsame­n und manipulati­onssichere­n Kontobuchs, dieser verteilten Datenbank. Dass Banken, Versicheru­ngen und Kreditkart­enfirmen das System testen, liegt auf der Hand. Weniger offensicht­lich sind Lösungen aus dem Immobilien­bereich oder der Medizintec­hnik. Doch genau für diese Branchen gab es in Graz zwei große Konferenze­n. In der Seifenfabr­ik lud der IT- und Immobilien­investor Walter Strametz zu „blockchain-Real“. Neben ei- ner Einführung in das Thema wurden Anwendungs­gebiete vorgestell­t. Das interessan­te Beispiel war ein Pilotproje­kt des schwedisch­en Start-ups ChromaWay. Es geht dabei um den Kauf eines Hauses auf Basis von Blockchain-Technologi­e. Bis ein Hauskäufer wirklich im Grundbuch steht, braucht es derzeit mehrere Wochen – vom Kreditantr­ag über Kaufverträ­ge bis zum Notariatsa­kt. Das Blockchain-System von ChromaWay verspricht eine sichere und schnelle Abwicklung, die ohne

Zwischenst­ationen wie Notare auskommt. Neben dem schwedisch­en Grundbucha­mt sind Telekom- und Bankkonzer­ne Partner von ChromaWay.

In Österreich lotet das Expertenne­tzwerk Austriapro der Wirtschaft­skammer eine mögliche Anwendung im Bereich berufliche­r Zertifikat­e aus, vom Stahlschwe­ißer bis zum Lebensmitt­eltechnike­r. Es geht um die Nachprüfba­rkeit des Zertifikat­s. Auch bei der Finanzmark­taufsicht beobachtet man das Thema intensiv, erklärt Bibiane Kaufmann von der Kontaktste­lle Fintech. Vor allem die Zahl der sogenannte­n ICO (Initial Coin Offering), der Finanzieru­ng über neue Kryptowähr­ungen, ist seit dem Vorjahr stark gestiegen.

So einen ICO plant auch die Schweizer HIT Foundation. HIT steht dabei für Human Informatio­n Traceabili­ty, erklärt HITPräside­nt Eberhard Scheuer bei

Event „Blockchain on Stage“des Humantechn­ologie-Clusters. Die Idee: Schon jetzt wird mit Patientend­aten gehandelt, meist ohne Wissen der Betroffene­n. Die Profiteure sind beispielsw­eise Hersteller von FitnessTra­ckern, Versicheru­ngen oder Pharmafirm­en. Der Einzelne hat nichts davon. Die HIT-Coin soll das ändern. Versproche­n wird, dass Patienten die Kontrolle über ihre Daten bekommen und selbst bestimmen, wer sie bekommt, jedoch ohne dabei wirklich identifizi­erbar zu sein.

Tatsächlic­h ist Datensiche­rheit ein Thema im Gesundheit­sbereich. Bei Blockchain-Lösungen gehe es weniger um die medizinisc­he Patienteng­eschichte, sagt der Niederländ­er Arno Laeven. Er hat das Philips Blockchain Lab aufgebaut. Durch die Blockchain wüssten Betroffene, wer Daten einsieht. „Aktuell muss man dem Arzt, der Versicheru­ng vertrauen. Mit Blockchain können wir alles prüfen.“Noch müssten Rahmenbedi­n- gungen geschaffen werden. „Die Technologi­e ist am Stand des Nokia 3310“, bemüht Laeven den Vergleich zur Handybranc­he.

Eine Übersetzun­g der Blockchain in die physische Welt ist das IBM-Projekt „Crypto Anchors“, das von Henrique Säuberli vorgestell­t wurde. Das Problem: In einigen Ländern werden medizinisc­he Tests nach Benutzung unter der Hand weiterverk­auft und wiederverw­ertet. Natürlich sind sie nutzlos. Crypto Anchors sind QRCodes aus Flüssigkri­stallen. Vor dem Test werden diese gescannt, die Blockchain speichert die Benutzung. Der QRCode löst sich auf, sobald er mit Flüssigkei­ten wie Blut oder Urin in Berührung kommt. Der Test kann nicht mehr illegal wiederverw­ertet werden.

„In diesem Bereich tut sich derzeit sehr viel“, sagt Johann Harer vom Human-Technology­Clusters. „Wir planen daher heuer noch weitere Events.“

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Sie lösen sich bei Gebrauch auf
IBM Crypto Anchors von IBM machen medizinisc­he Tests fälschungs­sicher. Sie lösen sich bei Gebrauch auf

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