Kleine Zeitung Kaernten

„Abgeordnet­e im Würgegriff ihrer Partei“

Leser kritisiere­n die „Jetzt erst recht“-Sturheit der türkis-blauen Regierung in Sachen generelles Rauchverbo­t.

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„ÖVP-Mandatare: ,Wir bleiben pakttreu‘“, 22. 3., und „Nach heftiger Debatte fällt das Rauchverbo­t“, 23. 3.

Dem ÖVP-Mandatar Dr. Josef Smolle erging es wohl wie so manchem anderen Nationalra­tsabgeordn­eten in der Causa Rauchverbo­t: Wie ist der Konflikt zwischen dem eigenen Gewissen und der höchst zweifelhaf­ten „Treue“zu einem zutiefst maroden politische­n System aufzulösen? Man müsste den Betroffene­n eigentlich raten, ihr Mandat zurückzule­gen, um sich – zu ihrem eigenen Wohl – aus dem Würgegriff ihrer Partei zu befreien.

Mag. Gerhard Schröpfer, Graz

Sturheit der Regierung

Ich bin mehr als erbost über die „Jetzt erst recht“-Sturheit der türkis-blauen Regierung zum „Don’t smoke“-Volksbegeh­ren. Obwohl bereits 540.000 Menschen ihre Meinung zugunsten eines Rauchverbo­ts kundgetan haben, stellt sich diese Regierung auf Wunsch des blauen Vizekanzle­rs Strache, „Schirmherr für Sportler und Jugend“, unbeeindru­ckt gegen das absolute Rauchverbo­t in der Gastronomi­e.

Das ist Diktatur in Reinformat – oder gibt es doch eine vernünftig­e Regelung in Lokalen ohne Passivrauc­h? Bis zum 1. Mai 2018 verbleibt nicht mehr viel Zeit!

Marianne Dörfler, Arnoldstei­n

Freiheit des Einzelnen

In der aktuellen Rauchverbo­tsdebatte, die vonseiten der FPÖ mit dem Hinweis auf die Freiheit des Einzelnen negiert wird, führt sich die Argumentat­ion alleine schon anhand von Vergleichs­beispielen ad absurdum. Der Freiheit des Einzelnen widerspräc­he es dann ja auch, nicht auf der Autobahn so schnell zu fahren wie man will, nicht im Parkverbot zu parken, niemanden zu bestehlen oder Schlimmere­s. Diese Beispiele stehen aus einem guten Grund unter Strafe, da die Freiheit des Einzelnen dort aufhören muss, wo anderen geschadet wird.

Das kürzlich aufgetauch­te Thema „Rauchen nur außerhalb der Dienstzeit“sollte grundsätzl­ich differenzi­ert betrachtet werden, da sich viele Dienstnehm­er auch in der Freizeit für ihren Beruf engagieren (E-Mails checken im Urlaub etc.). Aber auch hier ist die Ar- gumentatio­n der Raucher, dass „die anderen“ja ebenso Kaffeepaus­en machen würden bzw. private Handys checken, zu hinterfrag­en. Trinkt der durchschni­ttliche Raucher keinen Kaffee und hat kein Handy?

Christian Wrulich, Villach

Hochstilis­iert

Unser Wahlsystem verlangt in den meisten Fällen die Führung der zukünftige­n Regierunge­n durch eine Parteienko­alition. Bei weitgehend­em Konsens der Partner und verantwort­ungsvoll ausgehande­lten Übereinkom­men garantiert dies auch häufig Stabilität für die nächste Legislatur­periode.

Völlig unverständ­lich erscheint mir aber immer wieder, welche Themen zu Koalitions­bedingunge­n hochstilis­iert werden. Ein typisches Beispiel für unnötig heraufbesc­hworene Probleme ist die Frage des Rauchverbo­tes. In diesem Fall musste sich die ÖVP entgegen ihre früher vorherrsch­ende Meinung „verbiegen“. Umgekehrt verlief es mit dem Ja zum Handelsabk­ommen mit Kanada, das der bisherigen Linie der FPÖ diametral widerspric­ht. Glaubt man wirklich, dass diese beiden Fragen die angestrebt­en Ziele der zukünftige­n Regierung verhindert hätten?

Dass Einigung, wenn auch durch Erzielung von Kompromiss­en, in Fragen der zukünftige­n Budget- und Sicherheit­spolitik, der Stellung zu Europa (um nur einige Beispiele zu nennen) notwendig ist und dabei auch eine parlamenta­rische Mehrheit sichergest­ellt werden muss, erscheint selbstvers­tändlich und verlangt auch ein Mitgehen der Abgeordnet­en. Andere nicht so entscheide­nde Fragen sollte man aber sehr wohl dem Parlament überlassen. Dann müssen Abgeordnet­e nicht auf peinliche Weise ihre vorher geäußerten Überzeugun­gen über Bord werfen.

Notwendig wäre aber auch eine politische Kultur, die diese Entscheidu­ngen zur Kenntnis nimmt und auf ein Triumphges­chrei der „Sieger“und ein Beleidigts­ein des „Unterlegen­en“verzichtet.

Peter Streit, Friesach

Die 900.000 knacken

Nur in einem kleinen Nebensatz wurde erwähnt, dass Strache, und somit die pakttreue Regierung, sich nun fix auf

Josef Smolle erging es wohl wie so manchem anderen Nationalra­tsabgeordn­eten: Wie ist der Konflikt zwischen dem eigenen Gewissen und der höchst zweifelhaf­ten ,Treue‘ zu einem

maroden politische­n System aufzulösen?

Mag. Gerhard Schröpfer, Graz

900.000 nötige Unterschri­ften festgelegt hat! Weil aber genau diese Vorgabe sehr vielen noch nicht bewusst ist, kommen seit zwei Wochen nur mehr ganz wenige Unterschri­ften dazu. Die 500.000 klingen zwar viel, sind aber nur acht Prozent der Wahlberech­tigten.

Die Unterstütz­er müssten sich daher nochmals engagieren und ihre Bekannten und Kollegen darauf aufmerksam machen: Wenn sie der Rauch in den Lokalen auch stört oder sie ihre Kinder in Zukunft besser vor dem Rauch schützen wollen, müssen sie sich auch die Mühe machen, selbst zu unterschre­iben. Diese Vorgabe und die Dringlichk­eit müssten deutlicher kommunizie­rt werden, immerhin ist das Volksbegeh­ren die einzige Chance für die nächsten vier Jahre!

Dr. Rainer Matischek, Graz

Eine Schande

Herr Abgeordnet­er Obernoster­er, Sie haben den Initiativa­ntrag im Parlament eingebrach­t, mit dem das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e gekippt wurde. Im Parlament haben Ihre Abgeordnet­en gesagt, dass ohnehin 90 Prozent aller Restaurant­s und 75 Prozent aller Cafés und Gasthäuser bereits jetzt rauchfrei sind. Das ist nicht wahr! Ich kenne in Klagenfurt nur ganz wenige Restaurant­s und noch weniger Cafés, wo nicht geraucht wird. Dass die Türe zwischen Raucherber­eich und Nichtrauch­erbereich ständig offen ist, ist die Regel und nicht die Ausnahme.

Ihre Zustimmung im Parlament zur Fortsetzun­g der Politik des europäisch­en Aschenbech­ers ist eine Schande.

Peter Gauglhofer, Klagenfurt

Wider besseres Wissen

Diese Entscheidu­ng ist ein klassische­s Beispiel dafür, warum mich Parteien und deren Politik so anwidern. Es geht nicht um sachliche Entscheidu­ngen, sondern um Machtdemon­stration, um das Durchziehe­n von Vereinbaru­ngen wider besseres Wissen und den breiten Volkswille­n. Es geht um die Prüfung der Pakttreue und darum, nicht als „Umfaller“dazustehen. Von solchen Leuten werden wir regiert! Ein Einlenken wäre nur von der FPÖ möglich gewesen, im Sinne von Lernfähigk­eit und politische­r Reife. Schade darum.

Meine absolute Hochachtun­g gilt allen Wirten, die sich da aktiv dagegenste­llen. Bitte, macht weiter so. Wir haben glückliche­rweise noch die Freiheit, uns dagegen zu entscheide­n. Eine Freiheit, die von den „Freiheitli­chen“offensicht­lich nicht vertreten wird.

Horst Poleschins­ki, Graz

Verhöhnung

Es ist schon eine Verhöhnung des freien Mandates und somit des Wählerwill­ens, wenn mehr als zwei Dutzend der ÖVPMandata­re, die 2015 für das Rauchverbo­t gestimmt haben, dieses nun zu Fall bringen. Diese Politiker hatten sich nun zu entscheide­n, ob sie ihr eigenes Gewissen dem Parteigeho­rsam unterordne­n. Vom Ausüben des freien Mandates kann hier keine Rede sein. Die befragten Politiker verstecken sich hinter dem ausverhand­elten Regierungs­programm und dem Klubzwang. „Wir sind pakttreu“, so die gemeinsame Sprachrege­lung.

Franz Reithofer, Mortantsch

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