Ein Quantensprung in der Wahlwerbung
Österreich gegen Slowenien war das elfte, gleichzeitig aber das erste Länderspiel unserer Stadtgeschichte, das ich nicht mit eigenen Augen sehen konnte, weil ich gleichzeitig zu einer Lesung in Salzburg eingeladen war. Frustrierende Erkenntnis: Niemand ist unersetzbar. Es geht auch ohne mich.
Aber wo man auch ist, irgendetwas sieht und lernt man immer: Während wir unseren Wahlkampf glücklich hinter uns gebracht haben, stecken die Salzburger noch mitten drin. Und dort hinter den sieben Tauern wird noch viel mehr plakatiert – in der Regel natürlich parteiübergreifend dieselben abgelutschten Phrasen und hohlen Parolen – aus Sicht eines mondänen, innovativen Kärntners freilich Zeichen einer gewissen Zurückgebliebenheit! Da und dort sogar noch letzte Reste eines sogenannten „Themenwahlkampfs“: Unfassbar!
Ein einziges Plakat allerdings war so richtungsweisend und noch nicht da gewesen, es führte so tief in Kunst und Philosophie hinein und atmete den kühnen Geist von Magritte und Wittgenstein, das es mir im Gedächtnis haften blieb – ein Wahlwerbungsquantensprung ausgerechnet von jener Partei, die, wie man weiß, gerade verzweifelt um das politische Überleben ringt: Es zeigt eine jüngere Frau, die an einem Baumstamm lehnt, Hände und Beine verschränkt, lächelt und in die Ferne blickt, wie man es in ihrer Branche bei In-die-Ferne-Blick-Seminaren eben lernt und was wohl Weitblick, wenn nicht gar Zuversicht signalisieren soll. Ihr Kurzhaarschnitt hat etwas Spitzbübisches. „Was könnte man den Unzufriedenen noch anbieten als ultimatives Wahlzuckerl?“, fragt sie sich. Der Name der Frau ist jedenfalls für uns Schall und Rauch. Keine Adjektiva (die bekanntlich in der Politik ebenso alles und nichts sagen wie in der Literatur) verunstalten das Plakat der Baumlehnerin – sie ist weder „erfahren“noch „menschlich“, noch „aufmerksam“, noch „weltoffen“, noch bla, bla, bla. Keine Phrasen, keine Slogans enthält das Plakat, sondern eine einzige Botschaft: „Ich bin keine Politikerin.“
W as will man mehr? Die Ultima Ratio! Allerdings sind wir auch in diesem Punkt weiter: Die Grünen des Südens müssen diese Qualität nicht mehr eigens plakatieren.
Keine Adjektive (die bekanntlich in der Politik ebensoallesund nichts sagen wie in der Literatur) verunstalten das Plakat der Baumlehnerin.