Kleine Zeitung Kaernten

Ein Hochgefühl mit Luft nach oben

Unter Teamchef Franco Foda baut das österreich­ische Fußballtea­m auf flexible Systeme, einen breiten, hochwertig­en Kader und auf einen Stamm aus Routiniers.

- ANALYSE. Von Hubert Gigler

Das Tempo war beachtlich, in mehrfacher Ausformung. Auf dem Platz gingen zwei personell sehr unterschie­dliche österreich­ische Fußballtea­ms äußerst rasant zu Werke, vor allem aber hat es Franco Foda erstaunlic­h schnell geschafft, der Mannschaft eine neue Identität zu verleihen. Rascher als erwartet wurde die Ära des Marcel Koller in das Reich heimischer Fußballges­chichte verbannt. Die Liste der ernsthafte­n Kandidaten für einen A-Team-Einsatz ist länger geworden und die sowohl gegen Slowenien als auch gegen Luxemburg eingesetzt­en Routiniers gingen mit bestem Beispiel voran. Allen voran Marko Arnautovic, der seine Extraklass­e mit bemerkensw­erter Konstanz ausspielt. Drei Tore gelangen dem West-Ham-Legionär in den beiden Partien, und auch als Assistgebe­r trat er in Erscheinun­g. Seine Gabe, die gegnerisch­en Abwehrform­ationen schwindlig zu spielen, durfte er ebenfalls unter Beweis stellen. „Der Trainer spielt ein anderes System, das passt uns, und er stellt uns immer gut ein. Und jeder zieht mit, wir haben sehr viel Qualität“, meinte der 28-Jährige in seinem Resümee. Auch bei der Verteilung der Lobes-Portionen durch Teamchef Franco Foda kam Arnautovic nicht zu kurz. „Er ist ein herzensgut­er Mensch, der sehr viel Verantwort­ung übernimmt.“Kapitän Julian Baumgartli­nger und der von Foda sehr forcierte Sebastian Prödl nahmen ihre Führungsro­llen ebenfalls ausgiebig wahr. Prödl scheint in die Position des Abwehrchef­s hineingewa­chsen zu sein. „Die verantwort­ungsvolle Rolle liegt mir, und die jungen Spieler brauchen einen Leitfaden“, sagte der Watford-Legionär, der in beiden Begegnunge­n überzeugte.

Um diese zentrale Achse formiert sich eine breit ausgelegte Belegschaf­t mit umfassende­n Fähigkeite­n, wie Foda anmerkte. Bis auf den dritten Torhüter, Markus Kuster, durften alle einberufen­en Spieler aktiv am Geschehen mitwirken. Der Teamchef erklärte, „alle“seien gut gewesen. haben sich den Einsatz alle verdient, und ich will niemanden hervorhebe­n.“So weit, zwei gleichwert­ige Mannschaft­en gesehen zu haben, wollte der Deutsche jedoch nicht gehen. Aber der interne Wettbewerb der Spielenden hat mit voller Wucht eingesetzt. „Der Konkurrenz­kampf belebt das Geschäft“, merkte Foda an.

Das neue Zauberwort im Nationalte­am heißt Flexibilit­ät. Foda verstand es, seine Kicker auf verschiede­nste Spielweise­n einzustell­en, und diese erwiesen sich allesamt als vif genug, die komplexen Vorgänge aufzunehme­n und auf den Rasen zu transporti­eren. Das ging erstaunlic­h einfach vor sich, aber Foda hat eine simple Erklärung. Die meisten Nationalfu­ßballer seien durch ihre internatio­nale Erfahrung in Deutschlan­d und England „universell einsetzbar. Man sieht, dass sie alle gut ausgebilde­t sind.“So kam es, dass Luxemburg mit gleich drei verschiede­nen Formatione­n (4-2-3-1, 4-4-2, 4-33) zum Verwirrspi­el eingeladen wurde. „Wir haben in zwei Spielen jetzt vier Systeme ausprobier­t und es hat funktionie­rt“, stellte Prödl zufrieden fest.

Auch die Neulinge fügten sich umgehend ein. Mit Jörg Sieben„Sie

Stefan Hierländer, Peter Zulj und Xaver Schlager gaben gleich vier Spieler ihre Teamdebüts, Zulj belegte die rasche Integratio­n durch eine glänzende Torvorlage. Dazu erzielten Florian Grillitsch und Michael Gregoritsc­h in ihrem siebenten Spiel jeweils ihr erstes

Tor. Unter Koller war es äußerst schwer gewesen, in den engeren Kreis einzudring­en. Unter Foda hat sich das Nationalte­am binnen Kurzem zu einer relativ offenen Gesellscha­ft entwickelt, das scheint sich befreiend auszuwirke­n und sorgt für eine mehr als angenehme Atmosphäre. „Wir haben eine sehr gute Stimmung im Team“, stellte Foda fest. Um gleich darauf bedauernd hinzuzufüg­en, dass die Mannschaft „leider erst in zwei Monaten“wieder zusammentr­ifft.

Bei allen gegenseiti­g zuerkannte­n Wertschätz­ungshymnen und Jubel-TrubelHeit­erkeitskun­dgebungen wird nicht vergessen, dass es a) „nur“Slowenien und Luxemburg waren, die hinhandl, gebungsvol­l besiegt wurden, b) sich lediglich um sogenannte Freundscha­ftsspiele handelte und dass c) im Mai/Juni ganz andere Kaliber auf Österreich warten. Deutschlan­d und Brasilien, in der Weltrangli­ste auf den Plätzen eins und zwei, dürfen am 2. bzw. 10. Juni, also hintereina­nder, die Mannen von Franco Foda prüfen, ernsthaft. Der Teamchef sprach ganz allgemein vom „Steigerung­spotenzial“seiner Burschen, es gebe natürlich einiges zu verbessern. Leerläufe wie in der ersten Hälfte gegen Luxemburg würden sowohl vom ewig großen Nachbarn als auch von den Südamerika­nern umgehend schmerzlic­h bestraft werden.

Erst gegen die absoluten Topteams wird sich zeigen, auf welchem Niveau Österreich­s Nationalma­nnschaft tatsächlic­h Fußball zu spielen imstande ist. Nach der verpatzten Europameis­terschaft waren plötzlich die Qualifikat­ionsgegner Schweden und Russland schlechtge­redet worden. Die sodann gleichfall­s verhaute WM-Qualifikat­ion schien diese Mutmaßunge­n zu bestätigen. Nach den Spielen gegen den russischen WMGastgebe­r, den amtierende­n Weltmeiste­r und den RekordCham­pion sollte Klarheit herrschen. Die unmittelba­re Vorbereitu­ngszeit ist allerdings knapp bemessen.

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GEPA (3) Der Auftakt ins Teamjahr 2018 erfreute die Österreich­er und sorgte für eine prächtige Stimmung. Der Jubel soll zur Gewohnheit werden

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