Kleine Zeitung Kaernten

Die digitalen Grenzen werden eingerisse­n

Ab morgen können Streaming-Dienste auch im EU-Ausland genutzt werden, der Zugriff ist auf das Angebot aus dem Heimatland beschränkt. Unseriöse Abofallen sind im Vormarsch.

- Von Roman Vilgut und Markus Zottler

Tausende Fans der preisgekrö­nten Serie „Game of Thrones“besuchen jährlich die kroatische Küstenstad­t Dubrovnik, einen der wichtigste­n Drehorte der Serie. Es gibt Stadttoure­n zu den wichtigste­n Schauplätz­en, was wäre besser, als genau hier eine Folge „Game of Thrones“anzuschaue­n?

Bisher war das nicht möglich, auch nicht mit Abo des Streaming-Dienstes Sky Ticket, der die Serie zeigt. Das ändert sich ab morgen. Auf Reisen in der EU müssen Anbieter wie Amazon Prime, Netflix, Sky, Maxdome oder Dazn ihren Kunden dasselbe Angebot bieten wie im Heimatland. Zusatzgebü­hren dürfen dafür nicht verrechnet werden. Die sogenannte Portabilit­ätsrichtli­nie macht das möglich.

Wer sich nun auf den Zugriff auf alle unterschie­dlichen Länderns von Netflix und Co. freut, wird allerdings enttäuscht. Denn das Urheberrec­ht wird durch die neue Richtlinie nicht berührt. Weiterhin werden die Ausstrahlu­ngsrechte für Serien und Filme in jedem Land extra vergeben. Ein Österreich­er kann nicht einfach auf Amazon Prime Video UK zugreifen. Vielmehr müssen Streaming-Dienste quasi so tun, als wäre der Kunde zu Hause, auch wenn er gerade Urlaub im EU-Ausland macht.

Damit das funktionie­rt, müssen die Unternehme­n natürlich prüfen, welches das Heimatland der Kunden ist. Bei Bezahldien­sten ist das nicht weiter schwierig und kann beispielsw­eise über die Abrechnung­sdaten festgestel­lt werden.

Anders verhält es sich bei Gratisange­boten wie den Mediatheke­n von ORF, Puls 4 oder ATV. Diese könnten Zusehern zwar die Möglichkei­t bieten, Inhalte im Ausland anzusehen. Allerdings trifft sie dann die Pflicht, das Wohnsitzla­nd des Nutzers zu prüfen. Diese Daten haben Free-TV-Sender im Regelfall nicht. So kann es trotz Portabilit­ätsrichtli­nie weiter vorkommen, dass man den Satz „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar“lesen muss.

Wer dauerhaft umzieht, verliert den Zugang zu den gewohnten Inhalten. Die Richtlinie ist für Urlaub oder Auslandsse­mester gedacht. Dafür bekommt man nach Umzug das Angebot des neuen Heimatland­es.

Auf Gefahren rund um den Umgang mit Streaming-Diensten weist übrigens die aktuelle Bilanz des InternetOm­budsmanAng­ebote hin. Die Beratungs- und Schlichtun­gsstelle – initiiert von Arbeiterka­mmer, Sozialmini­sterium und dem Institut für angewandte Telekommun­ikation – befasste sich im vergangene­n Jahr mit rund 3200 Beschwerde­n. Neben Vertragsst­reitigkeit­en und Lieferprob­lemen machten „Abo-Fallen“mit knapp 50 Prozent der Fälle den größten und am schnellste­n wachsenden Teil aus.

Aufgebaut wird die skizzierte Streaming-Falle dabei stets

gleich: Die eigene Online-Suche oder ein digitales Inserat führen Nutzer auf unterschie­dliche Streaming-Seiten mit ständig wechselnde­n Adresszeil­en. Will man das angebliche Angebot der Seite nutzen, wird zuvor eine Registrier­ung mit Name, Anschrift, E-Mail-Adresse und Telefonnum­mer verlangt.

Wenige Tage später erhält der Nutzer ein Mail. Darin wird behauptet, dass man sich für ein kostenpfli­chtiges Abonnement registrier­t habe und die Gratis- Testphase abgelaufen sei. Laut Internet-Ombudsmann wurden in jüngsten Fällen 360 Euro gefordert – ohne dass je ein gültiger Vertrag zustande gekommen wäre. Der Rat von Bernhard Jungwirth, Projektlei­ter der Beratungss­telle: „Wichtig ist, dass sich die Betroffene­n nicht einschücht­ern lassen. Bei diesen Abo-Fallen können sie die Zahlungsau­fforderung meist einfach ignorieren.“

Auch, wenn der Druck mit Telefonanr­ufen erhöht wird.

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NETFLIX 29 Millionen Europäer nutzen Streaming-Dienste. Ab Morgen können sie das auch während des Urlaubs im EU-Ausland machen
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