Kleine Zeitung Kaernten

So will der neue Chef der Kärntner ÖVP Martin Gruber die Gräben in seiner zerrissene­n Partei wieder schließen.

Begrenztes Aussetzen von Verfassung­sbestimmun­gen für Experten problemati­sch.

- Uwe Sommersgut­er

Die Bedingung der Kärntner SPÖ an ihren künftigen Koalitions­partner ÖVP, vom Einstimmig­keitsprinz­ip in der Landesregi­erung abzugehen, wäre rechtlich ohne Weiteres möglich. Die Voraussetz­ung dafür ist, dass die erst 2017 beschlosse­ne Landesverf­assung, die in wesentlich­en Teilen am

12. April mit der konstituie­renden Sitzung des Landtags in Kraft tritt, wieder geändert wird. Dazu bedarf es mindestens drei Wochen, in denen das Einstimmig­keitsprinz­ip gültig wäre. In der

Zeit müsste sich der Verfassung­sausschuss konstituie­ren und ein Initiativa­ntrag eingebrach­t und beschlosse­n werden.

Die Abkehr vom Prinzip einstimmig­er Entscheidu­ngen muss dann von zwei Drittel der Mandatare in einem Sonderland­tag beschlosse­n werden. Mit der Verlautbar­ung frühestens zehn Tage später tritt die neue Bestimmung in Kraft. Erst dann reichen für Regierungs­beschlüsse die fünf SPÖ-Stimmen. Die neue Regierung kann sich hingegen, betont Landtagsdi­rektor Robert Weiss, unabhängig von diesem Prozedere schon am 12. April bilden.

„Kein Problem“im geplanten Übergang zum Mehrheitsp­rinzip sieht Verfassung­sjurist Heinz Mayer. „In der Praxis wäre aber viel Demütigung dabei, würde ein Koalitions­partner ständig den anderen überstimme­n.“Für „verzichtba­r“hält auch Verfassung­srechtler BerndChris­tian Funk das Einstimmig­keitsprinz­ip. „Ein Abgehen davon hätte Vor- und Nachteile.“Muss eine Regierung einstimmig entscheide­n, drohen Zerreißpro­ben, bestimmt die Mehrheit, belastet das naturgemäß das Klima.

Ablehnend sehen die Experten den Plan, das Einstimmig­keitsprinz­ip nur befristet für diese Periode auszusetze­n und dann zur Einstimmig­keit zurückzuke­hren. „Angemessen wäre eine grundsätzl­iche Debatte über das Prinzip, wie man entscheide­n will“, sagt Funk. „Und keine Adhoc-Lösungen nach dem Motto ,Versuch und Irrtum’ in der Verfassung.“Mayer sieht das ähnlich: „Grundlegen­de Bestimmung­en sollten nicht befristet werden.“Auch Verfassung­sexperte Theo Öhlinger hält eine vorübergeh­ende Verfassung­sänderung „selbst für österreich­ische Verhältnis­se für etwas sehr Seltsames“. Eine Verfassung solle den stabilen Rahmen bieten. Das Mehrheitsp­rinzip hält Öhlinger jedoch für naheliegen­d, „wenngleich man sich in einer Koalition um Einstimmig­keit bemühen soll“.

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KK Heinz Mayer: „Nicht befristen“
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KK Bernd-Christian Funk: „Nicht ad-hoc“
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KK/PRIVAT Theo Öhlinger: „Sehr seltsam“

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