Armut, die krank macht
Die Weltgesundheitsorganisation warnt: Zu viele Europäer können sich Arztkosten oder Medikamente nicht mehr leisten.
Überlebenswichtig oder lebensnotwendig? Soll das vorhandene Geld in Medikamente und medizinische Behandlungen investiert oder doch Lebensmittel gekauft und die Miete bezahlt werden? Eine bittere Entscheidung, vor der immer mehr Europäer stehen.
Aus diesem Grund hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihren 70. Geburtstag zum Anlass genommen, diese sich zuspitzende Problematik in den Mittelpunkt zu rücken. „Es ist inakzeptabel, dass jemand – Pensionisten, Alleinerziehende, Arbeitslose, Ihr Nachbar oder meiner – in Armut getrieben wird, weil er für eine Behandlung bezahlen muss, die er braucht“, kritisiert WHO-Regionaldirektorin für Europa Zsuzsanna Ja- kab anlässlich des heutigen Weltgesundheitstages, der jährlich seit dem Jahr 1950 am 7. April ein anderes medizinisch brisantes Thema in den Fokus der Öffentlichkeit stellt. 2016 und 2017 wurden zum Beispiel die fortschreitenden Volkskrankheiten Diabetes und Depressionen thematisiert.
Laut der Organisation
wirke sich der erschwerte Zugang zu gesundheitlicher Grundversorgung nicht nur negativ auf den Gesundheitsstatus aus, sondern verschärfe auch bereits vorhandene Ungleichheiten und Armut.
Schätzungen der WHO und Weltbank zufolge gaben im Vorjahr rund 800 Millionen Menschen weltweit mindestens zehn Prozent ihres Haushaltseinkommens für Gesundheitsausgaben aus.
Auch in Österreich ver- schärfe sich die Lage, merken die Verantwortlichen von „AmberMed“an. Die medizinische Einrichtung von Diakonie und Rotem Kreuz versorgt Menschen ohne Versicherungsschutz kostenlos und versucht, ihnen einen Zugang zum Gesundheitssystem zu ermöglichen. „Der Bedarf wächst, das zeigt nicht nur unser volles Wartezimmer“, erklärt Carina Spak, Leiterin der Einrichtung. An Spitzentagen werden bis zu 65 Patientinnen und Patienten behandelt, etwa 3500 Personen nutzten das unentgeltliche Angebot 2017 – fast zehnmal so viele wie zu Beginn der Einrichtung im Jahr 2004. Das großteils ehrenamtliche Team sucht deshalb auch Verstärkung.