Kleine Zeitung Kaernten

Verwirrung um die Gerichtspr­axis

Jungjurist­en bekamen Absage, die kurz darauf zurückgeno­mmen wurde. Das Justizmini­sterium zapft nun seine Ersparniss­e an.

- Wie lange Christina Traar

Eine Achterbahn der Gefühle dürften die letzten Tage für jene 889 Juristen gewesen sein, die am 1. Mai ihre Gerichtspr­axis beginnen wollen. Am Mittwoch trudelte bei Bewerbern in Wien ein Schreiben des Oberlandes­gerichts ein (siehe oben). Darin wurden sie darüber informiert, dass ein Praktikum „aus budgetären Gründen“nicht möglich sei, neue Termine seien fraglich. Zwei Tage später schickte das Gericht ein zweites Schreiben aus, das der Kleinen Zeitung ebenfalls vorliegt. Darin werden die Adressaten aufgeforde­rt, den ersten Brief „als gegenstand­slos zu betrachten, weil vom Aufnahmest­opp zum 1. Mai 2018 Abstand genommen wird“. In Kürze werde man einen Zulassungs­bescheid erhalten.

Dem Mail-Chaos geht eine politische Diskussion um budgetäre Kürzungen im Justizbere­ich voraus. Vor Ostern hatten die Präsidente­n der Oberlandes­gerichte gewarnt, dass ab April keine Rechtsprak­tikanten mehr aufgenomme­n werden. Das Justizmini­sterium dementiert­e am Donnerstag einen Aufnahmest­opp, es bestehe ein Rechtsansp­ruch auf die Gerichtspr­axis.

Einen Tag später – am gestrigen Freitag – lenkte das Ministeriu­m jedoch ein. Generalsek­retär Christian Pilnacek erklärte, man werde Rücklagen in nicht genannter Höhe freimachen, um den drohenden Aufnahmest­opp abzuwenden. Begründet wird das aber nicht mit fehlendem Budget, sondern mit einer „unvorherge­sehen“großen Anzahl an Bewerbern. Im Vergleich: 2017 warteten 746 Juristen auf ihre sieben Monate dauernde Praxis.

die Rücklagen einen Aufnahmest­opp verhindern können, ist unklar. Ebenso, ob die Mittel ohne Weiteres verwendet werden dürfen. Denn aus dem Finanzmini­sterium heißt es, man habe hier ein Wörtchen mitzureden. Das Justizmini­sterium sieht hingegen keine Zuständigk­eit des Finanzmini­sters. Jungjurist­en sind nun verunsiche­rt, eine Verzögerun­g der Praxis bringe Nachteile mit sich, erzählt einer von ihnen. Zwar könnte man sich trotzdem bei Kanzleien bewerben, diese würden aber Kandidaten mit Gerichtser­fahrung bevorzugen. Wer es dennoch schafft, müsse mit Gehaltsein­bußen rechnen.

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Bewerber in Wien wurden über einen Aufnahmest­opp benachrich­tigt, zwei Tage später wurde das Schreiben wieder revidiert
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