Wenn sich zwei streiten, zittert auch der Dritte
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China wird schärfer und in der Tonart rauer. Das kann auch der EU nicht egal sein.
Wenn sich zwei streiten“... nein, in diesem Fall lässt sich der Satz nicht mit „... freut sich der Dritte“fortsetzen. Denn der Handelsstreit zwischen den USA und China, der mittlerweile täglich dramatische Wendungen bereithält, geht auch uns, geht auch Europa an. Gerade noch hatte sich US-Präsident Donald Trump in der Debatte um gegenseitige Strafzölle doch gesprächsbereit gezeigt, um kurz danach eine Verdreifachung der Zölle auf China-Importe in den Raum zu stellen. Es geht um ein zusätzliches Volumen von 100 Milliarden US-Dollar. Das sei als Reaktion auf die „unfairen Vergeltungsmaßnahmen Chinas“zu werten, so Trump. Die Auge-um-Auge-Spirale hat sich also längst in Gang gesetzt. Das zeigt sich auch daran, dass China jetzt umgehend und scharf reagierte und mit Gegenwehr „ohne Zögern und um jeden Preis“droht. Man wolle keinen Handelskrieg, fürchte sich aber auch nicht davor. China hat im Handelsstreit mit den USA bei der Welthandelsorganisation (WTO) auch bereits eine Schlichtung beantragt.
Während der EU
in Sachen Strafzölle – zumindest vorerst – eine Art Galgenfrist von Trump eingeräumt wurde, gewinnt der Konflikt zwischen den USA und China damit an Schärfe. Österreichs Industrie-Chefökonom Christian Helmenstein spricht von einer „hochriskanten Handelspolitik“, die derzeit von Trump ausgehe. „Er hält den Ansatz für erfolgversprechend, durch lautes Säbelrasseln die Verhandlungsbereitschaft von China zu erzwingen.“
Wenn sich zwei streiten, hat der Dritte, diesfalls die EU, dennoch keinen Grund zur Freude. Zu vernetzt ist dafür das globale Handelsgefüge. Am besten zeigt sich das am Thema Stahl, also so etwas wie dem Ausgangspunkt der gesamten Debatte.
„Die laufende Eskalation
schadet eben nicht nur den beiden Ländern, sondern, paradoxerweise, auch Dritten“, so Helmenstein. „Wenn sich die USA und China jetzt wechselseitig aus ihren Märkten aussperren, heißt das ja nicht, dass deswegen die Produktionskapazitäten zurückgefahren werden, es rücken vielmehr neue Absatzmärkte in den Fokus.“Absatzmärkte wie die EU.
„China hat in den letzten 20 Jahren ganz enorme Überkapazitäten in der Stahlindustrie aufgebaut, wir haben da eine atemberaubende Dynamik gesehen. Dass diese extremen Überkapazitäten längst nicht mehr am chinesischen Inlandsmarkt abgesetzt werden können, sondern den Weltmarkt fluten, das nehmen die Chinesen wissentlich in Kauf “, sagt Helmenstein. Fallen die USA als Exportmarkt aus, geht mehr chinesischer Billigstahl nach Europa.
In China
sei hier eine Abwägung getroffen worden, „lieber ein Disput mit den USA oder Europa als nahezu eine Million Beschäftigte in der chinesischen Stahl- und Kohleindustrie abbauen zu müssen“. Denn das, so Helmenstein, „wäre mittlerweile nötig, um die chinesischen Überkapazitäten wieder weltmarktkonform auszurichten“. Auch wenn also zwischen den USA und der EU beim Thema Zölle ein „Gesprächsfaden aufgenommen wurde“, bleiben Folgen nicht aus. „Wenn man im europäisch-amerikanischen Verhältnis zu einer konstruktiven Lösung findet, wären wir durch den Disput zwischen China und den USA trotzdem betroffen.“