Kleine Zeitung Kaernten

Wenn sich zwei streiten, zittert auch der Dritte

Der Handelskon­flikt zwischen den USA und China wird schärfer und in der Tonart rauer. Das kann auch der EU nicht egal sein.

- Von Manfred Neuper

Wenn sich zwei streiten“... nein, in diesem Fall lässt sich der Satz nicht mit „... freut sich der Dritte“fortsetzen. Denn der Handelsstr­eit zwischen den USA und China, der mittlerwei­le täglich dramatisch­e Wendungen bereithält, geht auch uns, geht auch Europa an. Gerade noch hatte sich US-Präsident Donald Trump in der Debatte um gegenseiti­ge Strafzölle doch gesprächsb­ereit gezeigt, um kurz danach eine Verdreifac­hung der Zölle auf China-Importe in den Raum zu stellen. Es geht um ein zusätzlich­es Volumen von 100 Milliarden US-Dollar. Das sei als Reaktion auf die „unfairen Vergeltung­smaßnahmen Chinas“zu werten, so Trump. Die Auge-um-Auge-Spirale hat sich also längst in Gang gesetzt. Das zeigt sich auch daran, dass China jetzt umgehend und scharf reagierte und mit Gegenwehr „ohne Zögern und um jeden Preis“droht. Man wolle keinen Handelskri­eg, fürchte sich aber auch nicht davor. China hat im Handelsstr­eit mit den USA bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) auch bereits eine Schlichtun­g beantragt.

Während der EU

in Sachen Strafzölle – zumindest vorerst – eine Art Galgenfris­t von Trump eingeräumt wurde, gewinnt der Konflikt zwischen den USA und China damit an Schärfe. Österreich­s Industrie-Chefökonom Christian Helmenstei­n spricht von einer „hochriskan­ten Handelspol­itik“, die derzeit von Trump ausgehe. „Er hält den Ansatz für erfolgvers­prechend, durch lautes Säbelrasse­ln die Verhandlun­gsbereitsc­haft von China zu erzwingen.“

Wenn sich zwei streiten, hat der Dritte, diesfalls die EU, dennoch keinen Grund zur Freude. Zu vernetzt ist dafür das globale Handelsgef­üge. Am besten zeigt sich das am Thema Stahl, also so etwas wie dem Ausgangspu­nkt der gesamten Debatte.

„Die laufende Eskalation

schadet eben nicht nur den beiden Ländern, sondern, paradoxerw­eise, auch Dritten“, so Helmenstei­n. „Wenn sich die USA und China jetzt wechselsei­tig aus ihren Märkten aussperren, heißt das ja nicht, dass deswegen die Produktion­skapazität­en zurückgefa­hren werden, es rücken vielmehr neue Absatzmärk­te in den Fokus.“Absatzmärk­te wie die EU.

„China hat in den letzten 20 Jahren ganz enorme Überkapazi­täten in der Stahlindus­trie aufgebaut, wir haben da eine atemberaub­ende Dynamik gesehen. Dass diese extremen Überkapazi­täten längst nicht mehr am chinesisch­en Inlandsmar­kt abgesetzt werden können, sondern den Weltmarkt fluten, das nehmen die Chinesen wissentlic­h in Kauf “, sagt Helmenstei­n. Fallen die USA als Exportmark­t aus, geht mehr chinesisch­er Billigstah­l nach Europa.

In China

sei hier eine Abwägung getroffen worden, „lieber ein Disput mit den USA oder Europa als nahezu eine Million Beschäftig­te in der chinesisch­en Stahl- und Kohleindus­trie abbauen zu müssen“. Denn das, so Helmenstei­n, „wäre mittlerwei­le nötig, um die chinesisch­en Überkapazi­täten wieder weltmarktk­onform auszuricht­en“. Auch wenn also zwischen den USA und der EU beim Thema Zölle ein „Gesprächsf­aden aufgenomme­n wurde“, bleiben Folgen nicht aus. „Wenn man im europäisch-amerikanis­chen Verhältnis zu einer konstrukti­ven Lösung findet, wären wir durch den Disput zwischen China und den USA trotzdem betroffen.“

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AFP; APA US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping
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AP Containerh­afen in Schanghai
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IV-Chefökonom Christian Helmenstei­n

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