Neuer ÖVP-Chef: „Bin kein Kurz-Vertrauter“
Wie Martin Gruber als ÖVP-Obmann die zerrissene Partei einen, modernisieren und personelle Entscheidungen treffen will. Er denkt an zehn Jahre im Amt.
Was soll das für eine Koalition werden, in der Sie zustimmen, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Landesregierung per Verfassungsänderung ausgesetzt wird und die SPÖ damit über die ÖVP drüberfahren kann?
MARTIN GRUBER:
Wenn die Daumenschrauben so angedreht werden, muss man im Sinne der Kärntner entscheiden, was für das Land das Beste ist. Also SPÖ-ÖVP. Wenn man sich anschaut, wo wir Mittwoch gestanden sind (die Koalitionsvereinbarung war nach dem Rücktritt von Christian Benger auf null gesetzt, Anm.), dann ist es ein Vertrauensvorschuss von beiden Seiten. Wir verlassen uns auf das Wort von Landeshauptmann Peter Kaiser, gemeinsam auf Augenhöhe das Beste für Kärnten zu erreichen.
Kritiker höhnen, die ÖVP habe ihre letzte Hose vor der SPÖ heruntergelassen und sei nun deren Vorfeldorganisation, nur um in der Regierung zu verbleiben.
Die Parteien, die das jetzt sagen, hätten die Hose weggeworfen, um nur ja in der Regierung zu sein. Ich zähle auf das Wort von Peter Kaiser, dass es nicht zum Regelfall wird, dass uns die SPÖ in der Regierung überstimmt.
Sie haben bei Ihrer Bestellung als geschäftsführender Parteichef von den Gremien einstimmig das Pouvoir erhalten, Personalentscheidungen allein zu treffen: Wird das jetzt zur Quadratur des Kreises, denn Sie sollen die zerstrittene Partei einen, nicht vor den Kopf stoßen, Ihre Handschrift zeigen und zukunftsweisende Signale setzen?
So ist es gut zusammengefasst. In erster Linie geht es jetzt aber um Kärnten, deshalb sind wir in Koalition mit der SPÖ, auch wenn es schwierig ist. Ziel ist eine stabile Regierung für Kärnten. In weiterer Folge geht es für mich darum, die Partei in die Zukunft zu führen und die entstandenen Gräben zu glätten. Das wird eine große Herausforderung.
Sie trauen sich zu, diese Partei zu einen?
Sonst hätte ich nicht Ja gesagt. Ich bin lang genug dabei und kenne meine Mitstreiter.
Sie müssen auch den Ruf der Kärntner ÖVP wiederherstellen, von der jetzt viele sagen: „Typisch, auf die kann man sich nicht verlassen.“
Genau daran ist zu arbeiten. Dass man dazu steht, was ausgemacht ist. Dass man Stabilität zeigt. Wir müssen unsere Kommunikationsstrukturen angehen. Auch innerparteilich.
Sind Sie türkis oder schwarz?
Ich bin schwarz, weil ich traditionsbewusst bin. Und türkis, weil es mir gefällt, wie Bundesparteichef Sebastian Kurz erfrischend neue Wege einschlägt.
Wie sehr hat Kurz bei dieser Kärntner Personalentscheidung mitgesprochen?
Wir haben einmal telefoniert. Da hat er mir viel Glück gewünscht. Das war der „Einfluss“aus Wien. Im Vorfeld hatten wir keinen Kontakt.
Sie sind kein Kurz-Jünger?
Ich bin kein Kurz-Jünger und kein Kurz-Vertrauter. Wir kennen und schätzen uns und ich stehe voll hinter seinem Weg.
Die Ahnentafel der Kärntner ÖVP-Chefs zeigt teils kurze Amtszeiten. Welche Halbwertszeit geben Sie sich?
Geplant wären zehn Jahre.
Sie entscheiden jetzt, wer Klubchef im Landtag und neben Ihnen als Bauernbündler zweiter ÖVPLandesrat wird. Spielt das BündeDenken dabei eine Rolle?
Die Bünde spielen keine Rolle. Es geht um Menschen, Fähigkeiten und dass es passt.
Oberkärntner ÖVP-Bürgermeister drohen mit der Abspaltung, sollte Ferdinand Hueter nicht Landesrat werden.
Ich will mit ihnen persönlich sprechen und glaube, dass es für mich als Bürgermeister leichter ist. Hoffen wir das Beste.
Werden Sie auch den Landesgeschäftsführer und Bürochef in der Regierung austauschen?
Ich kann auch darüber allein entscheiden. Es gibt Überlegungen. Ich werde es zum gegebenen Zeitpunkt machen.
Christian Benger bleibt der ÖVP als Landtagsabgeordneter erhalten?
Es ist sein Mandat. Ich werde nichts verkünden, was ich nicht halten kann. Er ist sehr konsequent, ein arbeitender Mensch, der sachlich viel einbringen kann.