Kleine Zeitung Kaernten

Digitale Utopie und ihre Grenzen

- Kathrin Stainer-Hämmerle über die Gefährdung der Demokratie durch Facebook & Co. Kathrin Stainer-Hämmerle lehrt Politikwis­senschafte­n an der Fachhochsc­hule Kärnten

Mark Zuckerberg scheut normalerwe­ise die Öffentlich­keit. Ein Widerspruc­h, denn der jüngste Selfmade-Milliardär verdankt sein Vermögen der Bereitscha­ft, private wie berufliche Daten von Millionen von Menschen skrupellos zu verkaufen. Doch diese Woche ist sein Verstecksp­iel hinter Anwälten oder Experten zu Ende. Mit Spannung wird Zuckerberg­s Auftritt vor dem amerikanis­chen Kongress erwartet. Gut vorbereite­t wird Zuckerberg zerknirsch­t die Verantwort­ung für den Datenklau übernehmen, sich entschuldi­gen und Besserung geloben. Es gilt, gleichzeit­ig Image und Geschäftsm­odell von Facebook zu retten. Die Anwendung der strengeren europäisch­en Datenschut­zregeln lehnt Zuckerberg demzufolge ebenso ab, wie sich den Fragen europäisch­er Politiker zu stellen. Die Politik darf sich aber nicht mit einem zuckersüße­n Gesicht abspeisen lassen. Zuckerberg geht es um den Weiterbest­and von Facebook und die Interessen seiner Aktionäre. Für uns geht es um die Zukunft der Demokratie. Um diese zu schützen, muss Zuckerberg Verantwort­ung für die Inhalte auf Facebook übernehmen. Denn sein Unternehme­n ist schon lange keine technische Plattform mehr, die nur der Vernetzung von „Freunden“dient. Facebook ist längst ein Medium, für das gleiche Regeln und journalist­ische Standards gelten müssen wie etwa für Zeitungen.

Wer hilft, Unwahrheit­en oder Verhetzend­es zu verbreiten, darf dies nicht ungestraft tun. Plattforme­n wie Facebook, Twitter und Snapchat geben uns allen die Möglichkei­t, barrierefr­ei zu kommunizie­ren. Diese Freiheit gefährdet aber nun die Demokratie. Weil die Internetgi­ganten unsere Daten verkaufen und nicht deren Verwendung kontrollie­ren. Weil sie einflussre­iche Kampagnen ungeachtet ihres Wahrheitsg­ehaltes oder Auftraggeb­ers zulassen.

„Zuckerberg geht es um den Weiterbest­and von Facebook, für uns geht es um die Zukunft der Demokratie.“

Weil sie über unser Wissen bestimmen, nicht aber unser gemeinsame­s Gespräch fördern. Ein digitales und demokratis­ches Utopia braucht einen strengeren rechtliche­n Rahmen. Nur vom guten Willen milliarden­schwerer Firmenchef­s darf der Schutz unserer Gemeinscha­ft nicht abhängig sein.

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