Digitale Utopie und ihre Grenzen
Mark Zuckerberg scheut normalerweise die Öffentlichkeit. Ein Widerspruch, denn der jüngste Selfmade-Milliardär verdankt sein Vermögen der Bereitschaft, private wie berufliche Daten von Millionen von Menschen skrupellos zu verkaufen. Doch diese Woche ist sein Versteckspiel hinter Anwälten oder Experten zu Ende. Mit Spannung wird Zuckerbergs Auftritt vor dem amerikanischen Kongress erwartet. Gut vorbereitet wird Zuckerberg zerknirscht die Verantwortung für den Datenklau übernehmen, sich entschuldigen und Besserung geloben. Es gilt, gleichzeitig Image und Geschäftsmodell von Facebook zu retten. Die Anwendung der strengeren europäischen Datenschutzregeln lehnt Zuckerberg demzufolge ebenso ab, wie sich den Fragen europäischer Politiker zu stellen. Die Politik darf sich aber nicht mit einem zuckersüßen Gesicht abspeisen lassen. Zuckerberg geht es um den Weiterbestand von Facebook und die Interessen seiner Aktionäre. Für uns geht es um die Zukunft der Demokratie. Um diese zu schützen, muss Zuckerberg Verantwortung für die Inhalte auf Facebook übernehmen. Denn sein Unternehmen ist schon lange keine technische Plattform mehr, die nur der Vernetzung von „Freunden“dient. Facebook ist längst ein Medium, für das gleiche Regeln und journalistische Standards gelten müssen wie etwa für Zeitungen.
Wer hilft, Unwahrheiten oder Verhetzendes zu verbreiten, darf dies nicht ungestraft tun. Plattformen wie Facebook, Twitter und Snapchat geben uns allen die Möglichkeit, barrierefrei zu kommunizieren. Diese Freiheit gefährdet aber nun die Demokratie. Weil die Internetgiganten unsere Daten verkaufen und nicht deren Verwendung kontrollieren. Weil sie einflussreiche Kampagnen ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes oder Auftraggebers zulassen.
„Zuckerberg geht es um den Weiterbestand von Facebook, für uns geht es um die Zukunft der Demokratie.“
Weil sie über unser Wissen bestimmen, nicht aber unser gemeinsames Gespräch fördern. Ein digitales und demokratisches Utopia braucht einen strengeren rechtlichen Rahmen. Nur vom guten Willen milliardenschwerer Firmenchefs darf der Schutz unserer Gemeinschaft nicht abhängig sein.