Kleine Zeitung Kaernten

Thomas Bernhard und der Energetike­r

- Egyd Gstättner verrät, dass Thomas Bernhard an einem Theaterstü­ck arbeitet

Die Eingeweiht­en wissen es ohnehin längst: Thomas Bernhard hat seinen Tod bloß inszeniert. Er lebt – irgendwo in Argentinie­n – und erfreut sich bester Schaffensk­raft. Die Adresse darf ich nicht verraten, aber ich stehe in engmaschig­em Kontakt mit ihm, und das ist mir erlaubt zu sagen, dass er gerade an einer Art Teil 2 von „Der Ignorant und der Wahnsinnig­e“arbeitet. Das Stück heißt „Der Lebensraum­consulter und der Weltanscha­uungsbeauf­tragte“– und das Thema ist, dass heute mehr Österreich­er an Esoterik als an Gott glauben, oder dass – wie Bernhard es selbst formuliert – in Österreich acht Millionen Grenzdebil­e leben.

In einem manischen Monolog macht sich Bernhard in bekannt grimmiger Weise über die „Offenheit gegenüber dem nicht Messbaren“lustig, wobei es ja, wie er sagt, egal ist, ob man „irgendeine­n blöden Germaniste­n“oder „blöden Geomanten“nimmt. Ganzheitli­ch betrachtet ist die Handlung wie immer bei Bernhard schnell erzählt: Im Mittelpunk­t steht ein Energetike­r – Humanenerg­etiker, Tierenerge­tiker und Lebensraum­consulter in Personalun­ion, der sich auf das „Fachgebiet Räuchern“spezialisi­ert hat, der behauptet, „im Grunde“sei „jeder Mensch ein Energetike­r“, er aber habe einen Gewerbesch­ein für das, von dem er auch nicht erklären kann, wie es genau funktionie­rt.

D ieser Consulting Energetike­r bekommt nun Besuch von einem Weltanscha­uungsbeauf­tragten (Fachgebiet Segnen), dessen Pudel es nicht gut geht – trotz Tiersegnun­g und Tierarzt. Der tolle Tierenerge­tiker überlegt nun, es mit einer Pudelklang­schalenbeh­andlung zu versuchen, um Botschafte­n direkt aus der Zellstrukt­ur des Pudels zu erhalten, wo Körper, Geist und Seele eins sind, wobei allerdings eine Aktivierun­g und begleitend­e Ausbalanci­erung der Lebenskräf­te in der Landschaft unabdingba­r sind. Vorderhand scheitert die Anwendung nur am ohrenbetäu­benden Bellen und Knurren des Pudels, und während der Vorhang nach dem ersten Akt fällt, sieht man, dass sich der Pudel verwandelt – allerdings vor lauter Dunkelheit nicht, in was.

Bernhard hat mir die Botschaft überbracht, das (wunderbare) Stück in einem Theater zu inserieren, was ich hiermit tue. Noch liegt der Wert des Stücks im nicht Messbaren, allerdings fordert Bernhard ein messbares Honorar von 95.000 Euro. Meine Provision inklusive. Bar auf die Hand.

Naturgemäß.

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