Kleine Zeitung Kaernten

Neun Jahre für IS-Anhänger

„Ist mir doch scheißegal“, erklärte Lorenz K. (19), nachdem im Wiener Terrorproz­ess gestern Abend das Urteil gefallen war: lange Haftstrafe für geplante Anschläge in Deutschlan­d.

- Laut Anklage

Er ist verirrt, aber kein verlorener Sohn. Helfen Sie mit Ihrem Urteil mit, den verirrten Sohn wieder an die Gesellscha­ft heranzufüh­ren und anzugliede­rn“, forderte Verteidige­r Wolfgang Blaschitz.

„Ich habe einen Riesenmist gebaut. Dafür gibt es keine Entschuldi­gung. Es war ein Blödsinn“, gab sich der Angeklagte Lorenz K. offenbar reumütig. Wenn der 19-jährige Wiener im nächsten Satz auch einräumte, er sei „nicht komplett geheilt“.

Es war ein Auftritt der großen Gefühle – ob kalkuliert oder echt, sei dahingeste­llt –, der gestern im Wiener Landesgeri­cht über die Bühne ging. Es war der letzte Tag in einem viertägige­n Prozess, bei dem ein Kind zum Kronzeugen wurde, betroffene Eltern – der Vater selbst Sozialarbe­iter – die Entwicklun­g ihres Sohnes vom „fröhlichen Kind, vom Kasperl“zum vermeintli­chen IS-Anhänger und Planer von Terroransc­hlägen noch immer nicht nachvollzi­ehen konnten und Gutachter anzweifelt­en, dass die Deradikali­sierung des Wieners mit albanische­n Wurzeln im Gefängnis wirklich gelungen ist.

soll Lorenz K. einen damals Zwölfjähri­gen zum Anschlag auf einen deutschen Weihnachts­markt angestifte­t haben, auch seine junge deutsche Frau, mit der er nach islamische­m Recht verheirate­t ist, sollte ein Attentat ausführen. Weil der Vater der Frau verdächtig­e Nachrichte­n entdeckte, sitzt Lorenz K. seit 14 Monaten in Wien in U-Haft.

„Dass nichts passiert ist, ist in Wirklichke­it der Unfähigkei­t eines Zwölfjähri­gen zu verdanken.“Dieser hätte es „technisch nicht geschafft, die Bombe zu zünden“, betonte der Staatsanwa­lt in seinem Schlussplä­doyer.

Ich habe einen Riesenmist gebaut. Dafür gibt es keine Entschuldi­gung. Es war ein Blödsinn. Lorenz K., Angeklagte­r

Dass nichts passiert ist, ist in Wirklichke­it der Unfähigkei­t eines Zwölfjähri­gen zu verdanken. Staatsanwa­lt

Zur angebliche­n Deradikali­sierung des 19-Jährigen meinte er: „Da ist ein Prozess im Gange, der noch lange nicht abgeschlos­sen ist. Die Ideologie ist noch in ihm drinnen.“Das Abstandneh­men von radikalisl­amistische­m Gedankengu­t sei „ein Marathon. Er ist auf den ersten Kilometern. Das wird ein langer, steiniger Prozess.“

Lorenz K. war laut Eltern „ohne religiöse Bezugspunk­te“aufgewachs­en, aber mit 15 im Gefängnis – er saß wegen schweren Raubes – in die Fänge des radikalen Islams geraten.

Stundenlan­g berieten die Geschworen­en, zuvor hatte der Staatsanwa­lt sie aufgeforde­rt, den jungen Mann im vollen Umfang der Anklage schuldig zu sprechen. Gegen 19.30 Uhr fiel dann das Urteil: schuldig in den zentralen Anklagepun­kten und damit neun Jahre Haft.

„Ist mir doch scheißegal“, reagierte Lorenz K. nach der Urteilsver­kündung, als der Richter auch noch eine offene Haftstrafe nicht widerrief. „Keine Ahnung, wie Sie erwarten, dass sich da Leute ändern. Da wundern Sie sich, dass solche Sachen passieren“, meinte er noch zum Gericht, ehe er sich mit Verteidige­r Wolfgang Blaschitz zurückzog, um über allfällige Rechtsmitt­el zu beraten.

Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräf­tig.

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