Kleine Zeitung Kaernten

Stefan Lederer (30) über den Millionenc­oup des Start-ups Bitmovin.

Stefan Lederer (30) ist der CEO des Videosoftw­areSpezial­isten Bitmovin. Das Kärntner Start-up mit Sitz im Silicon Valley holte sich kürzlich 24,4 Millionen Euro von Investoren.

- Von Uwe Sommersgut­er

Sie sind gerade auf einer großen Branchenme­sse in Las Vegas. Wie läuft es?

STEFAN LEDERER: Wir haben mit 30 Leuten in vier Tagen 300 Termine absolviert. Vor allem nach unserer Pressemitt­eilung ist es so richtig abgegangen.

Die Meldung, dass Sie als Start-up auf einen Schlag 30 Millionen Dollar von Investoren bekommen, platzte in die Messe?

Genau. Das hat sich perfekt ergeben. Für unsere Industrie ist es ein tolles Zeichen, dass Video im Internet im Kommen ist – das wird ein großer Markt. Die Meldung hat für enormes Feedback gesorgt.

Blicken wir zurück: Sie gründeten Bitmovin 2013 zu dritt in Klagenfurt. Wie kam es dazu?

Meine Mitgründer und ich haben unser Studium in Klagenfurt gemacht. Christophe­r Müller hat mit mir studiert, wir kennen uns seit dem ersten Tag an der Uni. Christian Timmerer hat Lehrverans­taltungen und Projekte zu Multimedia-Streaming gemacht. Wir haben gesehen, der ist cool drauf. Dann haben wir gemeinsam an Forschungs­projekten gearbeitet und ein Praktikum bei Dolby in den USA absolviert.

Sie haben Standards zum Videostrea­men in Gremien sogar

mitentwick­elt?

Ja, wir haben da mitgestalt­et, hatten dadurch einen zeitlichen Vorteil. Wir haben die ersten Tools und Implementi­erungen entwickelt und online gestellt und bekamen weltweit Feedback von der Industrie. In der Forschung haben wir gesehen, dass andere auch nur mit

Wasser kochen. Wir konnten Videos effiziente­r komprimier­en und übertragen. Wenn man so früh sieht, dass Potenzial da ist, ist es wert, ein Unternehme­n zu gründen.

Wann kam der Durchbruch?

Am Anfang hat man eine Idee und einen Plan, muss aber erst den Kunden finden und den Markt genau definieren. Da haben wir viel herumprobi­ert. Die ersten Kunden haben uns sehr geholfen, etwa Flimmit. Gleichzeit­ig haben wir Kunden aus dem Silicon Valley bekommen. Dann wurden wir in das US-Inkubator-Programm „Y-Combinator“aufgenomme­n. Dort waren Firmen wie Dropbox und Airbnb, die sind wahnsinnig erfolgreic­h und von denen haben wir extrem viel gelernt. Wenn du führende Technologi­en entwickels­t, kannst du darauf ein Unternehme­n aufbauen.

Aber das allein reicht nicht?

Uns hat es schon immer getaugt, viel in den USA unterwegs zu sein – anfangs bei Standardis­ierungsmee­tings, später bei Kunden. Wir vertreiben aber die Produkte über unsere Onlineport­ale. Die Kunden kommen aus Südafrika, Japan oder Lateinamer­ika zu uns auf unsere Website und dann fangen wir mit denen ein Gespräch an. So haben wir große Firmen

Chef-Trio: Christophe­r Müller, Christian Timmerer, Stefan Lederer

wie Sling oder die „New York Times“gefunden.

Kontakte sind nicht so wichtig? Schon. Aber wir wenden uns auch an den technische­n Nutzer, der das Produkt mögen soll. Das differenzi­ert uns von Firmen, bei denen man zuerst mit dem Verkauf reden muss.

Müssen Sie sehr kämpfen, um den Vorsprung zu verteidige­n? Man muss vorne dabeibleib­en. Dazu muss man konstant investiere­n. Unsere Forschungs­projekte an der Uni Klagenfurt werden immer größer, wir finanziere­n Doktoratss­tellen. Das, was wir vor fünf Jahren gemacht haben, hilft uns heute, aber wir investiere­n in neue Technologi­en. Ein neuer Videokompr­essionssta­ndard ist im Werden, der wird von Netflix, Youtube unterstütz­t – wir sind der führende Anbieter dieser Technologi­e. Bei einer Diskussion in Las Vegas waren die Teilnehmer Microsoft, Google, Intel, Netflix und Bitmovin. In dieser Riege zu sein, war cool!

Warum haben Sie Ihren Firmensitz nach San Francisco verlegt? Das war für die Investoren wichtig. Das Mutterschi­ff mit den meisten Leuten und der prägenden Kultur des Unternehme­ns ist nach wie vor in Klagenfurt. Von hier aus erwei-

tern wir uns: Wir haben Vertriebsn­iederlassu­ngen in New York und San Francisco, einzelne Vertriebsm­itarbeiter in Lateinamer­ika, Asien. Wir bauen jetzt eine Niederlass­ung in London auf, haben ein Entwickler­büro in Wien aufgemacht.

Wie geht es einem, wenn plötzlich 30 Millionen Dollar kommen? Wenn man realisiert, wie viel Geld das ist, wird einem die extreme Verantwort­ung bewusst. Wir müssen beweisen, dass wir das erreichen können, was wir uns erhoffen. Wir sind relativ jung und müssen uns daher die Erfahrung holen – durch Mitarbeite­r und Investoren. So schauen wir, dass wir schlauer werden und nicht die gleichen Fehler machen wie andere.

Werden Sie bald ein normales Unternehme­n?

Wir wollen uns die Start-upKultur, so lange es geht, bewahren. Wir stehen ja noch am Anfang.

Welche Tugenden können Sie Jungen, die am Start stehen, mitgeben?

Wichtig ist, dass man sich Inputs holt. Von potenziell­en Kunden, von Beratern. Kein Meister ist noch vom Himmel gefallen – so ist das auch bei Start-ups. Man muss sich persönlich weiterentw­ickeln.

Wachstumss­chub

wurde 2013 von Stefan Lederer (CEO), Christophe­r Müller (CTO) und Christian Timmerer (CIO) gegründet. Von Hauptinves­tor Highland Europe holte sich Bitmovin 30 Millionen Dollar. Die Gesamt-Investment­summe beträgt 44 Millionen.

ist der massive Ausbau des Teams von derzeit 65 Mitarbeite­rn. Bitmovin wird mit mehr als 100 Millionen Dollar bewertet.

Wohin soll die Reise gehen? Wir müssen die vielen neuen Kunden bedienen und das Team weiter ausbauen. Die Energie im Team ist Wahnsinn.

Woher kommt sie?

Wir haben eine lässige Kultur. Jeder kann es zeigen, Verantwort­ung übernehmen. Gleichzeit­ig sind wir immer noch per Du und Freunde, die viele Sachen zusammen machen.

Das Ziel von Bitmovin bleibt ein Börsengang in den USA?

Wir hübschen uns nicht für den schnellen Exit auf, sondern wir wollen etwas Langfristi­ges bauen. Wir haben wahnsinnig viele Ideen, die wir verwirklic­hen wollen. Es wäre schon cool, als Unternehme­n aus Kärnten die Eröffnungs­glocke an der Nasdaq (Technologi­ebörse in New York, Anm.) zu läuten.

Was sagt die Familie im Gailtal? Die ist darauf bedacht, dass ich nicht zu viel reise und auch abschalten kann. Ich fliege alle sechs Wochen zurück nach Österreich, um daheim zu sein. In San Francisco kann man sehr schnell abheben, es ist mir daher wichtig, die Erdung zu haben. Dieser Bezug zur Heimat ist sehr gesund. Der erbitterte Streit zwischen dem Autozulief­erer Prevent und Volkswagen findet auch nach der Kündigung von Verträgen kein Ende. Die „Bild“berichtet über angebliche Spitzelei gegenüber Prevent-Mitarbeite­rn im Auftrag von VW. Der Konzern wies das mit Nachdruck zurück. Man habe Auskünfte im Rahmen des rechtlich Zulässigen einholen lassen. Prevent reagierte mit scharfer Kritik.

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PETER JUST Stefan Lederer aus Reisach im Gailtal ist der CEO von Bitmovin
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