Wo bleibt die wissenschaftliche Basis?
Ab Herbst soll ein neues Programm zur Deutschförderung an Schulen eingeführt werden, bei dem neu eintretende SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache bis zu zwei Jahren 15 und 20 Stunden in eigenen Deutschförderklassen unterrichtet werden. Obwohl aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass integrative Maßnahmen für den Spracherwerb bei Weitem erfolgversprechender sind, soll damit ein segregatives Sprachförderkonzept umgesetzt werden.
SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache können sich damit nicht wie bisher von Beginn an in die Regelklassen integrieren und über soziale Kontakte mit Deutschsprachigen auch sprachlich profitieren. Auch aus dem Fachunterricht sind sie dadurch ausgeschlossen. Sprache wird aber wesentlich über fachliches Lernen angeeignet – so bleibt eine weitere Sprachlernressource ungenutzt. Aufgrund fehlender fachlicher Kenntnisse drohen schließlich auch Rückstellungen, die, so zeigen aktuelle Studien, zu einer systematischen Bildungsbenachteiligung führen können.
Über die Zuweisung in eine Deutschförder- oder Regelklasse sollen ab Herbst Sprachtests entscheiden. Es sind jedoch bislang keine validen Testinstrumente für diese Zielgruppe verfügbar. Darüber hinaus fehlen wissenschaftlich fundierte didaktische Konzepte und Materialien, die für einen Deutschförderunterricht in der geplanten Form geeignet wären.
Für viele Schulen bedeutet eine Umsetzung der geplanten Maßnahmen, dass Handlungsspielräume eingeschränkt werden und eine individuell an Schüler orientierte Sprachförderung nicht mehr wie bisher möglich ist. Erfolgreiche Praxismodelle, wie sie an zahlreichen Schulstandorten aufgebaut wurden, sind damit gefährdet. u wünschen ist, dass die geplanten Maßnahmen ausgesetzt werden und stattdessen ein zeitgemäßes Deutschförderkonzept entwickelt wird, das vorhandene Expertise in Forschung und Praxis nutzt und dabei die SchülerInnen mit ihren Fähigkeiten und Potenzialen ins Zentrum stellt, um ihnen größtmögliche Chancen auf Schul- und Bildungserfolg zu geben.
ist Professorin für Deutsch als Zweitsprache und Sprachdidaktik an der Universität Graz
Es fehlen wissenschaftlich fundierte didaktische Konzepte, die für einen Deutschförderunterricht geeignet wären.
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