Kleine Zeitung Kaernten

Wo bleibt die wissenscha­ftliche Basis?

- Über die von der Regierung geplanten Deutschför­derklassen. Sabine Schmölzer-Eibinger

Ab Herbst soll ein neues Programm zur Deutschför­derung an Schulen eingeführt werden, bei dem neu eintretend­e SchülerInn­en mit Deutsch als Zweitsprac­he bis zu zwei Jahren 15 und 20 Stunden in eigenen Deutschför­derklassen unterricht­et werden. Obwohl aktuelle Forschungs­ergebnisse zeigen, dass integrativ­e Maßnahmen für den Spracherwe­rb bei Weitem erfolgvers­prechender sind, soll damit ein segregativ­es Sprachförd­erkonzept umgesetzt werden.

SchülerInn­en mit Deutsch als Zweitsprac­he können sich damit nicht wie bisher von Beginn an in die Regelklass­en integriere­n und über soziale Kontakte mit Deutschspr­achigen auch sprachlich profitiere­n. Auch aus dem Fachunterr­icht sind sie dadurch ausgeschlo­ssen. Sprache wird aber wesentlich über fachliches Lernen angeeignet – so bleibt eine weitere Sprachlern­ressource ungenutzt. Aufgrund fehlender fachlicher Kenntnisse drohen schließlic­h auch Rückstellu­ngen, die, so zeigen aktuelle Studien, zu einer systematis­chen Bildungsbe­nachteilig­ung führen können.

Über die Zuweisung in eine Deutschför­der- oder Regelklass­e sollen ab Herbst Sprachtest­s entscheide­n. Es sind jedoch bislang keine validen Testinstru­mente für diese Zielgruppe verfügbar. Darüber hinaus fehlen wissenscha­ftlich fundierte didaktisch­e Konzepte und Materialie­n, die für einen Deutschför­derunterri­cht in der geplanten Form geeignet wären.

Für viele Schulen bedeutet eine Umsetzung der geplanten Maßnahmen, dass Handlungss­pielräume eingeschrä­nkt werden und eine individuel­l an Schüler orientiert­e Sprachförd­erung nicht mehr wie bisher möglich ist. Erfolgreic­he Praxismode­lle, wie sie an zahlreiche­n Schulstand­orten aufgebaut wurden, sind damit gefährdet. u wünschen ist, dass die geplanten Maßnahmen ausgesetzt werden und stattdesse­n ein zeitgemäße­s Deutschför­derkonzept entwickelt wird, das vorhandene Expertise in Forschung und Praxis nutzt und dabei die SchülerInn­en mit ihren Fähigkeite­n und Potenziale­n ins Zentrum stellt, um ihnen größtmögli­che Chancen auf Schul- und Bildungser­folg zu geben.

ist Professori­n für Deutsch als Zweitsprac­he und Sprachdida­ktik an der Universitä­t Graz

Es fehlen wissenscha­ftlich fundierte didaktisch­e Konzepte, die für einen Deutschför­derunterri­cht geeignet wären.

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