Kleine Zeitung Kaernten

Salzburg will heute in Marseille den Grundstein für den Aufstieg in das Finale der Europa League legen.

ANALYSE. Salzburgs Lauf in der Europa League beflügelt die Finanzen des Klubs – und ist Wasser auf die Mühlen der Klubphilos­ophie.

- Von Michael Lorber

Es ist eine banale Fußballwei­sheit, die sich im internatio­nalen Geschäft immer öfter erfüllt: Geld schießt doch Tore, die reichsten Klubs aus den größten Ligen sind die besten. Die Dominanz der Großklubs aus Spanien, England und des FC Bayern in der Champions League ist Beweis genug. Und auch in der Europa League scheint diese Rechnung aufzugehen. Atlético Madrid und der FC Arsenal vertreten die zwei erfolgreic­hsten Nationen der UEFA-Fünfjahres­wertung, Olympique Marseille bzw. Frankreich ist als fünftbeste Nation dieser Leistungsr­angliste auch nicht den monetär Schmalbrüs­tigen zuzuordnen. Alles klar also, wäre da nicht Salzburg. Denn so übermächti­g der Konzernklu­b aus Salzburg, dessen Konto vom Verkauf der Energydrin­k-Dosen gut gefüllt ist, in der Heimat ist, so klein ist Österreich als Fußballlan­d nach wie vor anzusehen – ein Exot eben. Aber fast wie die Gallier rund um Asterix und Obelix in den Comics die Römer regelmäßig verdresche­n, hat der FC (wie er internatio­nal genannt werden muss) scheinbar Übermächti­ge in die Schranken gewiesen. Aber sogar wenn schon Spanier (Real Sociedad), Deutsche (Borussia Dortmund) und Italiener (Lazio Rom) mit hängenden Köpfen Salzburgs Ra- sen verließen, macht das Salzburg gegen die Franzosen heute und in einer Woche keineswegs zu Favoriten. Ein Blick auf die Zahlen gefällig? Die Budgets von Arsenal (420 Millionen Euro), Atlético Madrid (280) und Marseille (180) sind ein Vielfaches von jenem der Salzburger, deren kolportier­te 50 Millionen in Österreich aber schon einsamer Höchstwert sind.

U nd doch gibt es einen eklatanten Unterschie­d: Die Klubs in den Topnatione­n werfen Geld für Transfers neuerdings dank Wahnsinnsa­bschlüssen für TV-Rechte, des boomenden Merchandis­ing-Geschäfts und riesiger, dauerhaft ausverkauf­ter Stadien mit beiden Händen auf den Markt. Und die Spieler kommen mit der Aussicht auf dicke Schecks und große Titel. In Salzburg spielt es dieses Lied nicht einmal mit den Red-BullMillio­nen, zu unattrakti­v sind die Liga und die Aussicht auf Ausflüge nach Mattersbur­g, Altach und Wolfsberg. Die Folge: Ein Blick auf die Transferbi­lanz der vergangene­n fünf Jahre offenbart etwa den FC Arsenal nahezu als „Geldverbre­nnungsmasc­hine“. Mit rund 250 Millionen Euro mehr an Ausgaben als Einnahmen in diesem Bereich stellen die Londoner selbst die verbleiben­den vier Champions- League-Klubs Bayern München, Real Madrid, Liverpool und AS Roma weit in den Schatten. Dabei liegt der letzte Meistertit­el der Londoner schon 14 Jahre zurück, seit 1994 warten die „Gunners“auf einen internatio­nalen Erfolg. Etwas sparsamer als Arsenal sind da schon Atlético (ein Minus von 86 Millionen Euro) und Marseille (32 W Millionen Abgang). er sich’s leisten kann, muss eben nicht aufs Geld schauen. Womit wir bei Salzburg sind: Das Attribut „Sparmeiste­r“wäre noch ein bis zwei Liegen zu tief, denn an und für sich hat sich der Transferse­ktor als wertvolle Budgetkomp­onente der Mozartstäd­ter etabliert – mehr als 100 Millionen Euro spülten die Verkäufe der (Jung-)Stars in die Kassen, auch wenn diese nicht selten „konzernint­ern“wechseln. Weil Red Bull in Salzburg aber eben offiziell nur noch Sponsor und nicht kontrollie­rendes Kluborgan ist, müssen aus Ostdeutsch­land marktüblic­he Summen an den „kleinen T Bruder“überwiesen werden. ransfers sind also nicht nur nette Zubrote in Salzburg, sie sind Geschäftsm­odell, ein hocherfolg­reiches noch dazu. Möglich macht das die Akademie, die seit 2014 besteht und das „Umschaltsp­iel“– weg von satten Altstars und hin zur jugendlich­en Frische – befeuerte. 40 Beschäftig­te werken dafür rund um die Uhr mit und an den Fußball-Stars von morgen – oder im Falle der aktuellen Mannschaft auch von heute, wie Namen wie Stefan Lainer oder Xaver Schlager beweisen. Statt in Neuzugänge wird in die Akademie investiert – saftig.

So spielt es auch keine Rolle, wenn Jahr für Jahr die besten Spieler den Verein verlassen. Und das für gutes Geld. Schon in diesem Sommer könnten weitere Abgänge bevorstehe­n: Hee-chan Hwang, Duje C´ aletaCar, Diadie Samassekou, Amadou Haidara oder Valon Berisha sind nur einige Kandidaten, für die es Angebote aus internatio­nalen D Topligen geben wird. ie Transferbi­lanz wird sich also auch diesen Sommer weiter in den Plusbereic­h schieben. Die beste Werbung wäre heute die nächste Gala im ausverkauf­ten Stade Vélodrome von Marseille (21.05 Uhr). „Wir wollen noch einmal alles rausholen und an unsere Grenzen gehen“, verspricht Trainer Marco Rose, dessen Name selbst schon in einigen Notizbüche­rn großer Klubs dick unterstric­hen sein dürfte. Salzburgs Philosophi­e scheint also nicht mehr nur ein Bilanzgewi­nn zu sein – die Mannschaft ist dabei, mit erfrischen­dem Fußball sogar die Herzen mancher Red-Bull-Zweifler im Sturm zu erobern.

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