Die nächste Heldentat wäre nur die Krönung
Salzburg ist im heutigen Hinspiel des Europa-League-Halbfinales in Marseille zur nächsten Großtat bereit. Gewinner ist man schon.
Genau 22 Jahre ist es her, dass Österreich das letzte Mal einen Halbfinalisten im Europacup stellte. Rapid schaltete damals im mittlerweile abgeschafften Pokal der Pokalsieger Feyenoord Rotterdam aus und unterlag erst im Finale Paris SG mit 0:1. Salzburg will heute im Hinspiel des EuropaLeague-Halbfinales bei Olympique Marseille, gegen das man in der Gruppenphase (0:0, 1:0) gut aussah, ebenfalls glänzen. „Wir müssen noch einmal alles aus uns rausholen und Vollgas geben“, fordert Salzburg-Trainer Marco Rose. Egal, was jetzt noch kommt: Salzburg darf sich schon als großer Gewinner sehen. Fünf Gründe, die das eindrucksvoll unterstreichen:
Image: Lange war über den Klub gelästert worden, weil er für viele ausschließlich dazu diente, als Marketingmaschinerie für eine Getränkedose herzuhalten. Nicht alle Kritiker sind verstummt. Aber nüchtern betrachtet kann sich der Ertrag mit den zweifellos vielfach vorhandenen Millionen des Hauptsponsors sehen lassen. Die Nachwuchsarbeit, die Infrastruktur und das richtige Händchen im internationalen Scouting brauchen sich im Vergleich zu den europäischen Spitzenklubs keineswegs verstecken – ganz im Gegenteil.
Spielstil: Langeweile kommt bei einem Spiel von Salzburg niemals auf. „Wir sind eine offensiv orientierte Mannschaft. Das steckt in unserer DNA“, sagt Trainer Rose. „Und wir werden auch gegen Marseille offensiv auftreten. Ansonsten bekommst du gegen diese ebenfalls nach vorne ausgerichtete Mannschaft ohnehin keine Luft zum Atmen.“Der Deutsche baut auf eine stabile Defensive, hat mit den Außenverteidigern Stefan Lainer und Andreas Ulmer, den beiden Kampfmaschinen mit unbändiger Laufbereitschaft, jederzeit Überzahlsituationen herstellen und so nur schwer zu verteidigende Topmöglichkeiten kreieren können. Hee-chan Hwang stellt gegnerische Abwehrreihen mit seiner Schnelligkeit vor unlösbare Probleme. Munas Dabbur ist ein echter Torjäger, Goalie Alexander Walke eine echte Bank. Vom Mittelfeld-Quartett mit Xaver Schlager, Diadie Samassekou, Amadou Haidara und Valon Berisha verbindet jeder Einzelne Topqualitäten in Defensive und Offensive, wie man es selten zuvor gesehen hat.
Einzig die Innenverteidigung mit Andre Ramalho und Duje Caleta-Car gilt aufgrund der offensiven Spielweise anfällig.
Anziehungspunkt: Salzburg hat sich einen Namen gemacht. Und zwar als Klub, in dem Talente jenen Entwicklungsschritt gehen, der sie startklar für Vereine in den Topligen macht. Bei Sadio Mane, der mit Liverpool für Furore sorgt, gelang dies eindrucksvoll. Vier Millionen kostete der Senegalese 2012, zwei Jahre später brachte er 23 Millionen ein. Was Salzburg nun noch attraktiver macht, ist das Mitwirken auf höchster europäischer Ebene. Dieser Joker kann in Vertragsverhandlungen den entscheidenden Unterschied ausmachen.
Champions League: Zehn Mal ist Salzburg daran gescheitert, in die Königsklasse einzuziehen. Dank der Erfolge in der Europa League haben Walke und Co. fast im Alleingang dafür gesorgt, dass Österreich in der Fünfjahreswertung auf den elf- ten Platz geklettert ist. Das würde in der Saison 2019/20 höchstwahrscheinlich einen Fixplatz für Österreichs Meister der kommenden Spielzeit in der Champions League bringen. Aber: Sollte Salzburg das Wunder vollbringen und die Europa League gewinnen, würde man schon ab Herbst die Premiere in der Champions League feiern.
Einnahmen: Der Klubkassier darf sich die Hände reiben. Bis zum jetzigen Zeitpunkt strichen die Mozartstädter knapp 8,5 Millionen Euro an Prämien von der UEFA ein. Der Finalist erhält noch einmal 3,5 Millionen extra, der Sieger sogar 6,5 Millionen Euro drauf. Da sind noch nicht die Zuschauereinnahmen eingerechnet. Noch nie zuvor hatte Salzburg einen höheren Zuschauerschnitt als in dieser Saison. Nach den Partien gegen Dortmund und Lazio Rom hängt auch gegen Marseille das „Ausverkauft“-Schild vor der Red-Bull-Arena.