Zähes Ringen um weitere Gnadenfrist
In der Nacht auf heute endete die Ausnahmefrist für US-Zölle auf Aluminium und Stahl. Bricht Handelskrieg doch aus?
Wir üben uns in Geduld. Und wir sind vorbereitet.“Knapper könnte ein Kommentar auf eine hochaktuelle Frage kaum ausfallen, und doch waren gestern dem Sprecher der EU-Kommission keine weiteren Worte im Zollstreit zwischen den USA und Europa zu entlocken. Nachdem vergangene Woche erst Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dann die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in Washington versucht hatten, bei Donald Trump gute Stimmung zu machen, lag der Ball wieder bei EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die den gestrigen Tag unter anderem mit weiteren Telefonaten mit US-Handelsminister Wilbur Ross verbracht hatte.
Trump will ja, wie berichtet, Einfuhrzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium für Europa einführen und hatte das Ende März zunächst ausgesetzt. Die Frist lief allerdings in der Nacht auf heute ab. Für eine Lösung des Konflikts waren zuletzt immer wieder Zugeständnisse Europas ins Spiel gebracht worden, was sowohl von Malmström als auch von Merkel abgelehnt wurde. Die Rede war etwa von einer Reduzierung der Stahl- und Alu-Exporte oder von einer geringeren Besteuerung amerikanischer Autos.
Für Europa sind die USA noch vor China der wichtigste Handelspartner (laut Eurostat machte das Volumen 2017 rund 631 Milliarden Euro bzw. 16,9 Prozent des gesamten Warenverkehrs aus), ein eskalierender Handelskrieg könnte fatale Folgen haben. Auch für Österreich, das auch über die Fahrzeugindustrie stark mit dem amerikanischen Markt verwoben ist.
Für den Fall, dass die Zölle tatsächlich in Kraft treten, gab es zuletzt zwei Szenarien; zum einen könnte die Kommission Gegenmaßnahmen ergreifen, also etwa die US-Lieferungen von Produkten wie Orangensaft, Jeans oder Harley-Davidson-Motorrädern höher besteuern. Am Wochenende tauchte aber auch der Vorschlag auf, eine Art „TTIP light“für Industriezölle umzusetzen, was sich etwa Michael Löwy von der österreichischen Industriellenvereinigung vorstellen könnte: „Man müsste weiter in Gesprächen bleiben, da wäre ein eigenes transatlantisches Wirtschaftsabkommen für Industriezölle denkbar.“Auf jeden Fall müsste die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet werden, so die einhellige Meinung. Das könnte auch Teil einer von Malmström erwähnten „dreifachen Reaktion“sein. In den Abendstunden twitterte Antonio Tajani, Präsident des
Europäischen Parlaments: „Wir erwarten, dass Präsident Trump die EU ein für alle Mal von den Zöllen ausnimmt. Jede andere Entscheidung würde beiden Seiten schaden.“Schärfere Worte fand Karoline Graswander-Hainz, handelspolitische Sprecherin der EuropaSPÖ: „Trumps Bully-Taktik darf auf keinen Fall Erfolg haben. Sein nationalistischer Protektionismus gehört in die Mottenkiste der Geschichte.“Für ihn gelte nur das Recht des Stärkeren: „Dem stellen wir uns entschlossen entgegen.“
Aus dem Umfeld des US-Handelsbeauftragen Robert Lighthizer war gestern Abend zu erfahren, dass Trump am Montagabend (Ortszeit) in Washington eine neue Proklamation zu den Zöllen unterzeichnen will – über den Inhalt war vorerst nichts bekannt.
US-Schutzzölle würden sich für die USA als Schuss ins eigene Knie erweisen, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut errechnet. Bei Jobs und Bruttoinlandsprodukt wären die negativen Folgen für die USA etwa drei Mal so hoch wie für Europa.