Kleine Zeitung Kaernten

„In Wirklichke­it bin ich eine Diagnose“

INTERVIEW. Ihre „Nora“war ein Hammer. Jetzt inszeniert Mateja Koleˇznik Tschechows „Iwanow“am Stadttheat­er. Als Geschichte einer Krankheit und in Traumbeset­zung.

- Von Uschi Loigge

Seit Henrik Ibsens „Nora“sind Sie dermaßen gefragt, dass Sie nach „Iwanow“vermutlich für längere Zeit nicht mehr in Klagenfurt arbeiten werden. Hält sich Ibsen als Glücksbrin­ger?

MATEJA KOLEZˇNIK: Ja, und natürlich Martin Kuˇsej und das Münchner Residenzth­eater. Kuˇsej hat mir so viele schöne Möglichkei­ten gegeben, bisher habe ich fünf Inszenieru­ngen am Residenzth­eater. Und „Nora“in Klagenfurt war die Einladungs­karte für das Berliner Ensemble. Wenn ich es genau abwiege, dann besteht mein Glücksbrin­ger zu zwei Drittel aus Resi und zu einem Drittel aus Klagenfurt.

In Klagenfurt inszeniere­n Sie jetzt Tschechow. Was ist das für eine Gesellscha­ft und was hat diese Gesellscha­ft mit uns zu tun?

Keine Ahnung. Ich kann das nicht beurteilen. Die Frage ist: Habe ich die Berührungs­punkte gefunden? Die Verbindung­en zwischen dem Text, der 100 Jahre alt ist und heute. Für mich persönlich hat sich seit damals nichts geändert. Die Natur des Menschen ist die gleiche, Menschen verlieben und entlieben sich, damals wie heute. Und ich halte Iwanows Krankheit für eine sehr moderne Erscheiand­ere nung. Tschechow hat eine hervorrage­nde bipolare Diagnose geschriebe­n.

Und die Langeweile?

Für mich ist Iwanow keine Geschichte der Langeweile und der Provinz, sondern eine Geschichte der Krankheit der Titelfigur. Er fragt sich fortwähren­d, was stimmt nicht mit mir, was ist falsch mit meinen Nerven?

Sie arbeiten in Klagenfurt wieder mit eigens für die Produktion ausgesucht­en Schauspiel­ern.

Ja, ich bin total glücklich, wieder mit Gerti Drassl und Markus Hering zu arbeiten, die ich schon von der Josefstadt beziehungs­weise vom Residenzth­eater her kenne. Sie sind der Grundstock der Besetzung. Die anderen Schauspiel­er haben Dramaturgi­n Silvia Brandl und Intendant Florian Scholz wieder großartig ausgesucht. Ich liebe diese Besetzung. Alle sind sehr geduldig und gut gestimmt. Ich hab’ wirklich Glück, dass sie freundlich sind zu einer Regisseuri­n, die eigentlich keine Regisseuri­n ist, sondern in Wirklichke­it eine Diagnose. Ich bin zwar nicht gerade bipolar, aber neurotisch.

Sie arbeiten wieder in einem exakt definierte­n Raum, wenn auch nicht so extrem wie in der „Wildente“mit dem Ausschnitt einer Treppe.

Diese Horrorphas­e hält noch an, ja. Mir ist klar, dass ich da endlich raus muss, aber noch ist es nicht so weit.

Sie arbeiten künftig auch im Opernberei­ch? Verraten Sie schon etwas? Nur die klaren Aufträge, alles bringt Unglück. Bereits vorbereite­t wird zum Beispiel Beethovens „Fidelio“für das Festival Baden Baden mit der Berliner Philharmon­ie unter Kirill Petrenko. Und dann Verdis „Falstaff“wieder mit Petrenko an der Bayerische­n Staatsoper.

Und im benachbart­en Residenzth­eater?

Wegen des Intendante­nwech-

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TRAUSSNIG/ KLZ Mateja Kolezˇnik ist in Klagenfurt keine Unbekannte

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