Gedenken mit Misstönen
Anhand konkreter Beispiele warf der Schriftsteller Michael Köhlmeier der FPÖ bei der Gedenkfeier des Parlaments Antisemitismus vor. Die FPÖ, deren Spitzen in der ersten Reihe saßen, reagierte empört und warf Köhlmeier „Selbstgerechtigkeit“vor.
Selten zuvor haben sich so viele FPÖ-Politiker zum offiziellen Holocaust-Gedenken eingefunden wie gestern Vormittag. Geladen hatte Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka, neben Dutzenden Ehrengästen folgten auch die FPÖSpitzenpolitiker Heinz-Christian Strache, Mario Kunasek, Johann Gudenus, Walter Rosenkranz, Anneliese Kitzmüller der Einladung. Nur Norbert Hofer und Herbert Kickl fehlten. Den Hauptteil der Gedenkveranstaltung bestritten Jugendliche, die an den Schrecken der NS-Herrschaft erinnerten.
Für einen Kontrapunkt sorgte Michael Köhlmeier, der in sei- ner siebenminütigen Festansprache gnadenlos mit der FPÖ abrechnete. Der Schriftsteller warf den Freiheitlichen Heuchelei vor, „wenn sie ihre Codes aussprechen und von gewissen Kreisen an der Ostküste sprechen“und Verschwörungstheorien verbreiteten. Der Begriff des „stichhaltigen Gerüchts“werde ins „Wörterbuch der Niedertracht und Verleumdung“kommen, so Köhlmeier in Anspielung auf die Aussagen des FPÖ-Klubobmanns Gudenus zu US-Milliardär George Soros. Die FPÖ sei unglaubwürdig, wenn sie sich als Beschützerin der Juden aufspiele und gleichzeitig die rechtsextreme „Aula“unterstütze, in der KZÜberlebende als „Landplage“bezeichnet wurden. Köhlmeier erntete für seine Ausführungen stehende Ovationen.
Nach einer mehrstündigen Schrecksekunde meldeten sich die Freiheitlichen zu Wort. Klubobmann Rosenkranz und der Abgeordnete David Lasar bezeichneten Köhlmeier als „selbstgerecht“und warfen ihm vor, die Gedenkveranstaltung missbraucht zu haben. „Köhlmeier ist seit Jahren dafür bekannt, dass er seine persönlichen Aversionen gegen die FPÖ bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit von sich gibt.“