Abschied ohne Plan B
Chapeau, Mr. Strolz! Sie haben bewiesen, dass es vor und nach der Politik auch noch ein Leben gibt. Nur innerhalb der Politik leider nicht. Deswegen hat beim Neos-Gründer nach der Lust auf Gestaltung doch wieder die Angst vor der Deformation durch den politischen Betrieb überwogen. Diese Frage geht uns alle an: Wie konnte Politik ein derart menschenverachtendes, zynisches Geschäft werden? Und zwar nicht nur für jene, die von Gesetzen betroffen, aber nicht wahlberechtigt sind. Auch für jene, die diese Regeln beschließen dürfen in einem – so das gängige Vorurteil – mit viel Komfort und Privilegien gepolsterten Politikerdasein. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Beschleunigung unseres Lebens lässt aus fünf Jahren Spitzenpolitik gefühlte Jahrzehnte werden.
Zum Abschied gibt es immer Rosen. Von Freunden mit ein paar Tränen, von Feinden mit etwas Erleichterung, überraschenderweise aber auch von vorher scheinbar Unbeteiligten. Vielleicht hätte sich Matthias Strolz dieses Lob schon während seiner aktiven Zeit öfters verdient. Und etwas mehr Privatsphäre und Freizeit für seine Familie. Vielleicht wäre er dann länger geblieben.
Falls wir überhaupt Langzeitpolitiker wollen. Denn Strolz’ Abgang verkörpert eigentlich das Ideal unserer Demokratie mit klugen, unabhängigen, mutigen Mandataren. Deswegen müssen wir sie während ihrer aktiven Zeit angemessen bezahlen. Noch entscheidender aber ist die Durchlässigkeit zwischen Privatwirtschaft und Politik. Heute hat jede weitere berufliche Tätigkeit den Geruch von Versorgungsposten oder führt zum Vorwurf des unerlaubten Ausnützens der politischen Kontakte. Michael Spindelegger und Alfred Gusenbauer etwa sind Beispiele für beides.
Strolz’ Abgang verkörpert eigentlich das Ideal unserer Demokratie mit klugen, mutigen Mandataren.
Das ist das erschreckende Ende von Strolz’ politischer Karriere. Er steigt aus ohne Plan B. Statt eines Versorgungspostens winkt nur die Autonomie über seine Lebensplanung. Dennoch wirkte er irgendwie auch erleichtert, befreit. So wie Eva Glawischnig oder Reinhold Mitterlehner. Eine Kultur, um Sesselkleber gegen die besten Köpfe auszutauschen, fehlt trotzdem noch.