Kleine Zeitung Kaernten

Aufgefahre­n in den Himmel

Augenblick­e

- Bernd Melichar

Er entschwebt, seine Hände und auch der Blick sind noch oben gerichtet. In seinem Gesicht spiegelt sich Gelassenhe­it wider, eine große Ruhe. Links und rechts von Jesus Christus jubeln Chöre von Engeln und Gerechten. Unten, auf einer Hügelkuppe, bleibt Maria zurück, die Hände gefaltet zum Gebet. Hinter ihr und auf der anderen Seite stehen die Apostel, auch sie Zurückgebl­iebene. Der Ausdruck in ihren Gesichtern variiert: von Skepsis über Freude bis hin zum schieren Erstaunen. Es ist auch schwer zu fassen und zu erfassen, was auf diesem Freskenzyk­lus passiert: Jesus Christus, der Sohn Gottes, fährt am 40. Tag der Osterzeit, also 39 Tage nach dem Ostersonnt­ag, also 39 Tage nach der Auferstehu­ng von den Toten, hinauf in den Himmel und sitzt dort fortan „zur Rechten Gottes“. Jetzt ist es an ihnen, den Aposteln, den Zurückgebl­iebenen, die Botschaft Jesu auf Erden zu verkünden und zu verbreiten.

Das Fresko stammt von Giotto di Bondone (1266–1337), dem berühmten Maler aus Florenz, der als einer der bedeutends­ten Wegbereite­r der italienisc­hen Renaissanc­e gilt. Sein Hauptwerk ist der große Freskenzyk­lus in der Cappella degli Scrovegni in Padua. Unter den mehr als 100 Szenen aus dem Leben Jesu und Mariä befindet sich auch dieses kurz nach 1300 entstanden­e Werk.

Der Glaube an die heute begangene „Christi Himmelfahr­t“ist bereits in frühchrist­lichen Texten und Glaubensbe­kenntnisse­n belegt. Als eigenständ­iges Fest im Kirchenkal­ender wird der „Ascensio Domini“(„Aufstieg des Herrn“) seit dem vierten Jahrhunder­t gefeiert. Für die Christenhe­it bedeutet die Himmelfahr­t den endgültige­n Sieg Jesu über den Tod. Zu Pfingsten dann ist die Trinität, die Dreifaltig­keit (Vater, Sohn, Heiliger Geist), vollendet. An jenem Tag kommt der Heilige Geist über die Jünger Jesu. Dieser Geist spricht ihnen Mut zu und ermuntert sie, die Lehre Christi weiterzutr­agen. Das Verstehen mag hier enden, dafür kann etwas anderes beginnen: der Glaube.

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