„Plötzlich gab es eine Stichflamme“
Die letzten Stunden im Leben eines seit 1944 in Hohenthurn vermissten US-Soldaten werden rekonstruiert.
Dass Hohenthurn einmal international Schlagzeilen machen würde, damit hat wohl niemand gerechnet. Doch Washington Post, Daily Mail, The Times und weitere Plattformen blicken derzeit auf die beschauliche Kärntner Gemeinde. Dort sollen die Überreste von Lawrence Dickson, ein seit 1944 vermisster US-Soldat, gefunden worden sein.
Durch Flugprotokolle und Augenzeugen-Berichte lassen sich die letzten Stunden seines Lebens rekonstruieren. Gerade einmal 24 Jahre war Dickson alt, als er im Dezember 1944 von der italienischen Airbase Ramitelli zu einem Erkundungsflug nach Prag aufbrach. Es sollte sein letzter sein.
Dickson war einer der „Tuskegee Airmen“; jener Gruppe afroamerikanischer Militärpiloten, die in den Zweiten Weltkrieg einrückten. „Er hatte den Auftrag bekommen, Luftaufnahmen zu machen“, sagt der Lienzer Hobbyhistoriker Roland Domanig, der sich mit den Flugprotokollen beschäftigt hat. Darin sind die Beobachtungen eines Mitfliegers, Lieutenant Martin, festgehalten. Domanig: „Er berichtete, dass Dickson in niedriger Höhe in Richtung Tarvis und Hohenthurn flog.“Dickson meldete, dass er den Flieger verlassen müsse. Er warf die Cockpithaube ab, aber in der Folge drehte sich sein Flieger auf den Rü- cken. Laut Protokoll hat Martin nicht erkannt, ob Dickson der Absprung gelungen ist. Er gilt seitdem als „missing in action“, also im Einsatz vermisst.
Der Kärntner Maximilian Pretscher war zehn Jahre alt, als Lawrence zum Erkundungsflug aufbrach. „Es war Krieg, wir hatten nicht oft Schule“, schildert der heute 84-Jährige, der angibt, den Absturz gesehen zu haben. „Wir haben beobachtet, wie der Flieger immer tiefer flog, bis er Bäume streifte.“
Dann der Absturz. „Wir sahen, wie eine Stichflamme über den Wald stieg“, sagt Pretscher der sich mit seinen drei Freunden auf zur Absturzstelle machte: „Als Kind ist man ja neugierig.“Doch schon bald transportierte das Militär das Wrack ab.
später kehrten vergangenen Sommer Amerikaner an die mutmaßliche Absturzstelle in einem Hohenthurner Waldstück zurück. Dort fanden sie Maschinenteile und die potenziellen Überreste Dicksons.
Jetzt warten alle gebannt auf Testergebnisse, die die Vermutung bestätigen. „73.000 Amerikaner werden seit dem Zweiten Weltkrieg vermisst“, sagt Chuck Prichard, Sprecher der DPAA – jener Organisation, die sich mit vermissten Soldaten beschäftigt. 27.500 – darunter 27 Tuskegee Airmen – werden im europäischen und mediterranen Raum vermutet.
Dickson wäre der erste von ihnen, dessen Überreste gefunden wurden.