Die Briten haben schon lange Ja gesagt
Eine Hochzeit, die eine Insel in Hochgefühl versetzt: zwischen Etikette, Glamour und echter Sympathie für Harrys Frau der Wahl.
Die Briten mögen ein Volk des sympathischen Understatements sein und nicht gerade mit südländischem Temperament behaftet, doch es gibt fraglos zwei Angelegenheiten, die sie geradezu instinktiv emotional werden lassen: Fußball und ihre Royals. Es gab Jahre, in denen das Königshaus schon ungesünder aussah, man denke nur an das „annus horribilis“1992. Derzeit läuft es aber wie am goldenen Schnürchen: Queen Elizabeth II. ringt bereits seit dem Jahr 1952 und bis auf Weiteres den gebührenden Respekt ab, ist Fels in der Brexit-Brandung. Kate und Prinz William wurden jüngst zum dritten Mal Eltern. Und nun naht der ganz große Tag für den „kleinen Prinzen“: Harry wird am Samstag um 13.00 Uhr (österreichischer Zeit) mit der USSchauspielerin Meghan Markle in den Bund der Ehe treten.
royale Sympathisanten werden als Zaungäste die Straßen von Windsor säumen und hoffen, zumindest einen Rockzipfel der Königsfamilie zu erblicken. Straßensperren und Taschenkontrollen sind in diesen Zeiten selbstverständlich. Hunderte TVSender werden dabei sein, nicht zuletzt von jenseits des Atlantiks. Schon die Trauung von William und Kate verfolgte ein Drittel der US-Bürger – und nun ist man als Amerikaner quasi mit von der Partie. Selbst die Nerven von Justin Welby, dem Erzbischof von Canterbury und geistlichem Oberhaupt der Kirche von England, der die Trauung leitet, flattern: Er sei „auf Hochzeiten generell nervös, denn für die Paare ist das ein besonderer Tag“, ganz zu schweigen von diesem Anlass. Er zitiert deshalb bemerkenswerterweise eine Zeile des britischen Rappers Stormzy: „Ich bleibe voll beim Beten und erledige den Job“– „I stay prayed up and get the job done“.
Für jene, die auf und abseits der Insel mit den Royals wenig anfangen können, mag all das Zinnober sein, doch es ist Zinnober mit Stil: Bereits vor Wochen gab der Kensington-Palast ein detailliertes Prozedere für den 19. Mai aus. Prinz William dürfte Harrys Trauzeuge sein, 600 Menschen sind zur Hochzeitsmesse samt anschließenHerzogin
dem Empfang in der St. George’s Hall eingeladen – darunter pikanterweise einige der (nicht so raren) Ex-Freundinnen des 33Jährigen. 2650 weitere Menschen erhalten Zugang zum Schloss. Der florale Schmuck kommt aus dem Park des 28.000-Einwohner-Städtchens und aus London, man setzt auf weiße Rosen, Fingerhut und Pfingstrosen. Welches Kleid die Braut nun zu tragen belieben wird, blieb, of course, ein mittelgroßes Staatsgeheimnis.
Als Zuckergebäck wird eine Zitronen-Holunderblüten-Torte einer in London ansässigen USKonditorin gereicht. Damit wandern dann auch Kalorien über den Atlantik hin und her. Die Regierung lockerte am Tag der Hochzeit eigens die strenge Sperrstundenregelung für Pubs. Wer die Briten kennt, kennt sie nicht unbedingt als Abstinenz- ler – man darf davon ausgehen, dass einige Pint-Gläser extra auf das junge Glück gehoben werden. Hoch-Zeit, sozusagen.
Das Gespür fürs Karitative mag zur Job-Beschreibung eines Royals gehören und ihr Dasein im Volk zumindest teilweise rechtfertigen, die Prinzen erbten es aber auch von der 1997 verstorbenen Diana. Harry war gerade einmal zwölf, als er seine Mutter verlor, ihrem Erbe entsprechend wünschen sich die Brautleute von ihren Gästen Spenden für wohltätige Zwecke. Wenn sich die Wogen geglättet haben, wird bei Harry und Meghan wie bei jedem anderen Ehepaar wieder der Alltag einkehren – hoffentlich ohne jemals an eine TV-Serie zu erinnern, in der die heute 36-Jährige vor einigen Jahren spielte: Diese hieß „Familienstreit de Luxe“.