Die Sieger wollen nun doch regieren
Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ringen um ein Bündnis, um Neuwahlen zu vermeiden.
In Italien bahnt sich die Bildung einer populistischen Koalitionsregierung an. Vertreter der fremdenfeindlichen Lega sowie der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung kamen am Sonntag erneut in Mailand zusammen, um an einem gemeinsamen Regierungsprogramm zu arbeiten. Am Samstag war es nach Angaben von Teilnehmern bereits zu einer „grundsätzlichen Einigung“gekommen. Wie es hieß, wollten der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio Staatspräsident Sergio Mattarella noch am Sonntagabend ihr Regierungsprogramm sowie eine Liste möglicher Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorlegen.
Damit sieht es so aus, als ob keiner der beiden europakritischen Politiker selbst Premierminister wird. Über die aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten gab es am Sonntag nur Spekulationen. Genannt wurde unter anderem der Wirtschaftsprofessor und ehemalige Rektor der Mailänder Bocconi-Universität Guido Tabellini. Staatspräsident Mattarella, dem an einem europafreundlichen und finanziell verbindlichen Kurs der neuen Regierung gelegen ist, soll nach einer Einigung der Parteien über die Kandidaten entscheiden.
der Ministerien sowie im Hinblick auf das gemeinsame Regierungsprogramm erzielten die Verhandler offenbar in vielen Punkten Einigkeit. Außen- und Wirtschaftsministerium sollen an die EU-skeptische Fünf-SterneBewegung gehen, das Innenministerium an die Lega. Die beiden Parteien, die zusammen eine Mehrheit in beiden Kammern des italienischen Parlaments haben, planen Änderungen an der Rentenreform von 2011, die Einführung eines Bürgergehalts für Arbeitslose sowie niedrigere Standard-Steuersätze.
Das auf zwei Jahre begrenzte Bürgergehalt war das zentrale Wahlkampfversprechen der Fünf-Sterne-Bewegung, die sogenannte Flat Tax von 15 Prozent eine Bedingung der Lega. Einig waren sich die Unterhändler offenbar auch über eine Verschärfung der Einwanderungspolitik sowie über einen selbstbewussteren Kurs Italiens in der EU. Hierbei dürfte insbesondere ein Bemühen um die Lockerung der Neuverschuldungsregeln eine Rolle spielen. Die Kosten der Koalitionsvereinbarungen werden auf rund 70 Milliarden Euro geschätzt. Kommt es zu einer Einigung, könnte Staatspräsident Mattarella dieser Tage sein Mandat zur Bildung einer Regierung erteilen, die dann vom Parlament bestätigt werden müsste.
nach den Parlamentswahlen hatte der Staatspräsident die Parteien vergangene Woche vor die Wahl gestellt: Entweder sie unterstützten eine unabhängige, parteiübergreifend getragene Regierung oder es käme noch in diesem Jahr zu Neuwahlen, allerdings mit Risiken für die finanzielle Stabilität Italiens. In der Folge löste Ex-Premier
Silvio Berlusconi sein Veto gegen eine Koalition der Lega mit der 2009 vom Komiker Beppe Grillo gegründeten FünfSterne-Bewegung auf. Berlusconis Forza Italia bildet eine Mitte-rechts-Allianz mit der Lega, die gemeinsam auch einige Regionalregierungen trägt. Die „Grillini“hingegen lehnten eine Kooperation mit dem wegen Steuerbetrugs verurteilten Berlusconi grundsätzlich ab.
Nicht unwesentlich für die Dynamik der Regierungsbildung ist auch die Entscheidung eines Mailänder Gerichts vom Wochenende, demzufolge das sechs Jahre andauernde Ämterverbot für Berlusconi mit sofortiger Wirkung aufgehoben ist. Berlusconi war im Jahr 2013 wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe verurteilt worden und durfte seither keine politischen Ämter übernehmen, wirkte im Wahlkampf aber doch wesentlich mit. Wegen „guter Führung“hob das Gericht nun das Ämterverbot auf, obwohl der Ex-Premier sich unter anderem wegen Bestechung von Zeugen vor Gericht verantworten muss. Berlusconi gilt nach der Entscheidung als politisch wieder gestärkt.