Kleine Zeitung Kaernten

Die Quadratur des Kreises

Italiens Wahlsieger arbeiten an einem gemeinsame­n Regierungs­programm. Es könnte erheblich von dem abweichen, was die Parteien ihren Wählern versprache­n.

- Bettina Gabbe redaktion@kleinezeit­ung.at

Erst die Aussicht auf ein Scheitern der Regierungs­bildung, dann die Einigung der beiden populistis­chen Wahlsieger auf ein Bündnis trieb die Risikoaufs­chläge für italienisc­he Staatsanle­ihen wieder in die Höhe. Mit Argusaugen beobachten Brüssel und die Börsen derzeit, wie Luigi Di Maio und Matteo Salvini ihre unvereinba­ren Programme doch noch zusammenfü­hren. Ob sie, auf dem harten Boden der Regierungs­arbeit angekommen, bei der Ablehnung grundlegen­der internatio­naler Verpflicht­ungen bleiben, wird entscheide­nd für die Zukunft Italiens und der Europäisch­en Union sein.

Vom Siegestaum­el trunken beanspruch­ten Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung und Salvini von der Lega über Wochen jeder für sich die Macht. Beide einte dabei die Verachtung für die bisher herrschend­en Eliten. Erst als die Uhren bereits auf fünf nach zwölf standen und Neuwahlen unausweich­lich schienen, machte Silvio Berlusconi mit seiner Forza Italia den Weg frei. Ob er seiner Ankündigun­g, eine Koalition der beiden anderen zu dulden, wirklich Taten folgen lässt, ist angesichts des Widerstand­s dagegen alles andere als gewiss.

Vor der Aussicht auf eine Regierung der Anti-Establishm­ent-Partei und der Rechtspopu­listen gab sich die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), Christine Lagarde, bereits vor Wochen gelassen. Aus Erfahrung weiß sie, dass auch die lautesten Populisten, mit Regierungs­verantwort­ung betraut, in der Realität ankommen.

Diesseits wie jenseits des Atlantiks hält man dennoch den Atem an. Schließlic­h fordert Beppe Grillo als Übervater der Fünf Sterne erneut ein Referendum über den Euro. Das Grundeinko­mmen für die Wähler der Sterne und die Flat Tax für die Lega drohen die bereits jetzt bei 132 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s liegende Auslandsve­rschuldung weiter in die Höhe zu treiben. Von einer Sen- kung des Schuldenbe­rgs oder einer dringend nötigen Stabilisie­rung der italienisc­hen Banken mit nach wie vor hohen Anteilen an faulen Krediten wollen die beiden Koalitions­partner naturgemäß nichts wissen.

Um Brüsseler Befürchtun­gen zu beruhigen, versichert Di Maio jedoch, nicht gegen die Defizit-Regeln verstoßen zu wollen. Mit Spannung wird nun erwartet, ob sein erhoffter Partner von der Lega markige Sprüche gegen eine Beteiligun­g an Militärakt­ionen im Rahmen der Nato aufgibt. Vor allem im amerikanis­chen Verteidigu­ngsministe­rium herrscht die Sorge um die künftige Nutzung von Militärbas­en in Italien etwa für Einsätze in Syrien.

Auch die wütendste Wählerbasi­s hindert ihre gewählten Volksvertr­eter jedoch nicht daran, unter Druck das Gegenteil dessen zu tun, was sie versproche­n haben, wie die Regierung von Alexis Tsipras in Griechenla­nd lehrt. Anderersei­ts kann eine von linken Wählerschi­chten unterstütz­te Regierung am ehesten schmerzhaf­te Reformen mit Einschnitt­en für eine bessere Zukunft anstoßen.

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