Trauer nach Mord an Mädchen
Mit einem Messer wurde das Mädchen getötet, das am Samstag in einem Müllsack in Wien gefunden wurde. Im Gemeindebau herrscht Schock und Misstrauen.
Blumen, Kerzen und viele Stofftiere haben die Bewohner im Innenhof des „Dittes-Hofs“in Wien aufgestellt, nachdem dort Samstagfrüh ein totes Mädchen in einem Müllcontainer gefunden worden war.
Das Kind wurde durch einen Messerstich in den Hals getötet. Das hat die Obduktion ergeben, berichtete Polizeisprecherin Irina Steirer gestern. Die Suche nach dem Täter läuft. Zeugen und die aus Tschetschenien stammenden Angehörigen der Siebenjährigen wurden einvernommen. Das Mädchen war am Freitag zuletzt gegen 15 Uhr auf dem Spielplatz der Wohnhausanlage in der Heiligenstädter Straße gesehen worden. Kurz vor Mitternacht erstattete ein Angehöriger dann eine Vermisstenanzeige bei der Polizei. Die fand die Leiche am Samstag nur ein paar Meter weiter in einem der großen, schwarzen Container. Sie war in einen Müllsack verpackt worden.
Ein junger Mann steht gestern nahe an der von den Bewohnern des Gemeindebaus spontan hergerichteten Gedenkstelle. Er ist ein Cousin des Mädchens und ebenso wie sie tschetschenischer Herkunft. „Die Nachbarn haben oft geschimpft, wenn das Mädchen mit seinen Geschwistern und Freundinnen im Innenhof gespielt hat“, sagt er. Auch gestört habe manche, dass es sich bei der Familie um Muslime handle. Die Familie fühle sich nicht mehr sicher im Gemeindebau und werde wohl ausziehen, erzählt der junge, bleiche, mit einem Trainingsanzug bekleidete Mann mit dem dünnen Bart. Er habe vergangene Nacht kein Auge zugemacht, und eines weiß er sicher: „Der Täter ist von hier. Der wusste, was er macht“, sagt er. Mit „von hier“meint er, dass er einen der Bewohner des Gemeindebaus verdächtigt. Das sei so, weil der Täter wusste, dass der Müll am Samstag entleert wird, meint er – und wegen der Anfeindungen.
ist durch die Tat vorsichtig geworden. „Leute, die man nicht kennt, machen jetzt misstrauisch“, sagt er – und da würde man jetzt eher gleich die Polizei rufen.
Die Exekutive hält sich indes äußerst bedeckt: Aus kriminaltaktischen Gründen würden zu den derzeitigen Ermittlungen keine weiteren Angaben gemacht. Dafür kursierten in Internetforen gestern zahlreiche Spekulationen. Es gab auch Hasskommentare gegen die Angehörigen des toten Kindes. Viele davon zielten auf die tschetschenische Herkunft der Familie ab.
Im Gemeindebau ist von diesem Hass nichts zu spüren. Die meisten Leute wollen angesichts der schrecklichen Tat nicht reden, gedenken stattdessen des kleinen Mädchens, entzünden im Stillen eine Kerze und platzieren sie zu den vielen anderen.
Manche stellen sich kurz für ein paar Worte zusammen und gehen dann wieder. „Die Leute sind geschockt, natürlich besonders, wenn sie selber kleine Kinder haben“, sagt ein Mann, der gerade mit seiner Familie zu einem Sonntagsspaziergang aufbricht.
Und nach diesem schweren Schock ist die Welt in dem Wiener Gemeindebau vorerst nicht mehr dieselbe.