Zwei große Kinoschrecks trumpfen auf
Zwei große Einzelgänger wurden in Cannes gefeiert. Lars von Trier und Spike Lee zeigten Neues.
Für jemanden, der kürzlich noch eine unerwünschte Person in Cannes war, fiel die Begeisterung bei der Rückkehr von Lars von Trier geradezu frenetisch aus. Am Ende seines philosophierenden Serienkillerdramas „The House That Jack Built“gab es Standing Ovations für den Dänen. Aber das ewige Enfant terrible des Kinos wühlte das Festival auch außer Konkurrenz ordentlich auf. Er brauchte dafür keine Pressekonferenz mit missverstandenem Naziwitz wie 2011. Das erledigte er allein mit seinem Film, der einem unheimlichen Matt Dillon durch eine Serienmörderlaufbahn bis zum furiosen Finale mit Bruno Ganz an der Seite in die Abgründe der Hölle folgt. Der Humor ist oft grotesk und die Gewalt explizit in dieser sadomasochistischen Selbsttherapie, in der von Trier gewohnt anstrengend auch seine eigenen Dämonen adressiert. Seine Mittel dafür sind drastisch wie eh und je. Recht viele wanderten aus dem Kino, nachdem Dillon zwei Kinder wie Freiwild abknallt. Dass sich die Gewalt in erster Linie wieder gegen Frauen richtet? Dafür dürfte von Trier in Zeiten von #MeToo noch mehr Prügel beziehen als sonst – und doch lieferte er mit der kalkulierten Provokation genau die Aufregung, die dem Festival nach der Halbzeit ganz guttat.
„BlacKkKlansman“nach einer wahren Begebenheit erzählt der Regisseur von einem afroamerikanischen und einem jüdischen UndercoverPolizisten (hervorragend: John Washington und Adam Driver), die sich in den 70ern in den KuKlux-Klan einschleichen. Für Lee ist das der Stoff einer gruseligen Komödie und einer vielleicht nicht immer fest genug zubeißenden Satire im lässigen Schlenderschritt, die mit nachdenklichen und anrührenden Momenten auch den rassistischen, rechten Wahnsinn der Gegenwart vor Augen führt. Sonderlich subtil geht der Veteran des New-Black-Cinema zwar nicht vor, aber: „Dieser Film ist mein Weckruf. Wir können nicht ruhig bleiben bei all dem rechten Bullshit in der Welt“, erklärte er. „Der Film ist auf der richtigen Seite der Geschichte – mir ist da auch egal, was die Kritiker sagen.“Gemessen am Jubel hat er zumindest diese aber schon einmal für sich gewonnen.