Kleine Zeitung Kaernten

Kim erhöht den Einsatz

US-Präsident Donald Trump hat im Atompoker um Nordkoreas Atomwaffen­arsenal den Bogen überspannt. Pjöngjang reagiert noch vergleichs­weise mild. Aber was nun?

- Finn Mayer-Kuckuk redaktion@kleinezeit­ung.at

Es wirkte so schön: Nordkoreas Diktator Kim Jong-un wacht eines Morgens auf und ist ein völlig veränderte­r Mensch. Er sieht überall Friedensta­uben und verspricht gleich, alle seine Atomwaffen zu verschrott­en. In harmonisch­en Gesprächen mit dem Präsidente­n der USA, gestern noch sein Erzfeind, gelobt er eine Öffnung des Landes.

Wer ihn so verstanden hat, muss alle Mitteilung­en Nordkoreas durch die rosa Brille gelesen haben. Es war von Anfang an klar, dass Kim seinen Sonderstat­us als Herrscher über eine Atommacht behalten will. Er hat allenfalls Konzession­en bei Waffenprod­uktion und Waffentest­s angeboten. Die USA haben ihm diese Andeutunge­n aus der Hand gerissen und sie gleich als Maximalang­ebot eines morgen schon atomwaffen­freien Korea gedeutet. Trumps Sicherheit­sberater John Bolton hatte schon davor fabuliert, alle nordkorean­ischen Massenvern­ichtungswa­ffen bald in die USA abtranspor­tieren zu lassen.

Dabei lief Kims Begründung für das Angebot inhaltlich auf das Gegenteil hinaus: Das Entwicklun­gsprogramm sei abge- schlossen, die Waffenkamm­er gut gefüllt. Nordkorea sei jetzt eine Atommacht. Kim hat allerdings nie angeboten, vorhandene Bomben aufzugeben. Doch das Missverhäl­tnis zwischen dem, was Kim bisher offeriert hat, und dem, was gerade die USA aus seinen Worten herausgehö­rt haben, wurde in den vergangene­n Wochen immer größer. Aus US-Sicht schien klar zu sein, dass die Nordkorean­er keine Wirtschaft­shilfe erhalten, wenn sie ihr nukleares Arsenal nicht abbauen.

Trump hatte sogar schon damit geprahlt, dass er die Nordkorean­er praktisch im Alleingang bezwungen habe. Auch das ist eine Verhandlun­gsstrategi­e – aber eine ziemlich grobe.

Es war klar, dass Kim das nicht einfach schlucken würde. Wenn er das beste Geschäft für sich und sein Regime heraushole­n möchte, muss er auf diese öffentlich­en Äußerungen der US-Führung allergisch reagieren. Alles andere wäre bereits ein Zugeständn­is. Angesicht der Vorwegnahm­e eines diplomatis­chen Siegs der USA durch Donald Trumps Team erscheint es sogar erstaunlic­h, dass Nordkoreas Machthaber nicht viel heftiger geantworte­t hat.

Es kann nun gut sein, dass Trump seinerseit­s hinschmeiß­t, um keine Verhandlun­gsmasse aufzugeben. Doch dann könnte der Friedenspr­ozess in Nordkorea scheitern, bevor er überhaupt begonnen hat. Doch wahrschein­lich ist, dass der Prozess trotz allem weitergeht. Der Rückzieher vom Mittwoch bringt eher wieder etwas mehr Realismus in die Situation. Trump, der Geschäftsm­ann, kann Kim gegenüber immer noch Kompromiss­e machen, um zu einem Abschluss zu gelangen. Der wichtigste Faktor ist die Zeit: Abrüstung, ja – aber K über wie viele Jahre gestreckt? im kann immer dann zustimmen, wenn keine sofort überprüfba­ren Ergebnisse gefordert sind. Schließlic­h kann er dann seine Meinung immer noch ändern und sein Atomprogra­mm unter einem Vorwand wieder anfahren.

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