Kleine Zeitung Kaernten

Das steckt hinter dem Ceta-Gezeter

Österreich wird im Juni den Handelsver­trag Ceta ratifizier­en. Worum geht es eigentlich und warum schon wieder die Aufregung?

- Von Roman Vilgut

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Was wurde im Ministerra­t beschlosse­n?

Der Freihandel­svertrag Ceta mit Kanada ist ein gemischtes Abkommen. Jener Teil, der reine EU-Agenden betrifft, ist seit September 2017 in Kraft. Bereiche, die nationale Bestimmung­en berühren, müssen von den Parlamente­n der Mitgliedss­taaten beschlosse­n werden. Diesen Prozess hat die Regierung nun eingeleite­t.

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Ceta ist zum Teil schon in Kraft? Wie kann das sein?

ANTWORT: Fragen des internatio­nalen Handels sind EU-Kompetenz und werden von EU-Rat und EU-Parlament beschlosse­n. Die Entscheidu­ng, Ceta vorläufig in Kraft zu setzen, wurde im EU-Rat auch von der Regierung Kern /Mitterlehn­er mitgetrage­n. Im EU-Parlament stimmten die Abgeordnet­en der ÖVP und der Neos dafür. Seit September sind Zölle zwischen der EU und Kanada großteils Geschichte. Ausgenomme­n sind sensible Agrarprodu­kte wie Fleisch, Mais oder Eier. Auch viele Regulierun­gen vom Autoblinke­r bis zu Pestizidrü­ckständen fallen in die EUKompeten­z. Bei neuen Regeln gibt es jetzt eine Zusammenar­beit mit Kanada.

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Wenn Ceta ja schon gilt, was soll jetzt die Aufregung?

ANTWORT: Nur zehn Prozent des Abkommens sind von der Anwendung bisher ausgenomme­n. Doch bei diesen zehn Prozent geht es um das sensibelst­e Thema des Vertragswe­rks: den Schutz ausländisc­her Investoren. Zur Erinnerung: In der ersten Fassung von Ceta aus dem Jahre 2014 war die Einführung von geheimen Schiedsger­ichten geplant. Das ist seit Jahren gelebte Praxis. Alleine Österreich hat über 60 solcher Abkommen. Nach schweren Protesten wurde dieser Teil nachverhan­delt. Nun soll es einen öffentlich­en Gerichtsho­f geben, der bei Streitigke­iten zwischen Konzernen und Staaten entscheide­t. Doch dafür ist die Zustimmung der nationalen Parlamente nötig.

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Warum ist ein Investoren-Gerichtsho­f besser?

ANTWORT: Befürworte­r betonen, dass ein öffentlich­er Gerichtsho­f eine Verbesseru­ng zum jetzigen System sei. Tatsächlic­h musste Österreich 2017 erstmals vor so ein geheimes Schiedsger­icht. Die Meinl-Bank nutzte einen Vertrag mit Malta, um die Republik zu klagen. Österreich hat das Verfahren gewonnen. Doch alle weitere Infos sind geheim. So weiß niemand, was die Verhandlun­g eigentlich gekostet hat oder wer die Richter waren. Im Ceta-Gerichtsho­f wären Verfahren und Unterlagen für alle zugänglich.

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Warum wird jetzt trotzdem protestier­t?

ANTWORT:

ANTWORT: Die Gegner wollen Schiedsger­ichte verhindern. Sie sehen darin den Aufbau einer Parallelju­stiz. Ausländisc­he Konzerne bekämen mehr Rechte als die Bürger. Außerdem hätten sowohl die EU als auch Kanada ein funktionie­rendes Rechtssyst­em, das Investoren ausreichen­den Schutz gewähre.

6 Wie geht es mit Ceta jetzt weiter?

ANTWORT: Mitte Juni wird das Parlament zumindest mit Regierungs­mehrheit die Ratifizier­ung von Ceta beschließe­n. Danach braucht es die Zustimmung des Bundesrats und die Unterschri­ft des Bundespräs­identen. Durch ist Ceta damit noch nicht. Österreich ist erst der neunte von 28 EU-Staaten, der das Abkommen ratifizier­t. Darüber hinaus muss der EuGH entscheide­n, ob Sondergeri­chte überhaupt EURecht entspreche­n.

7 Wie stehen eigentlich die Parteien zu Ceta?

ANTWORT: Die Linie der ÖVP und der Neos war immer klar. Als Wirtschaft­sparteien haben sie das Abkommen vollinhalt­lich unterstütz­t. Die SPÖ war zwar immer für fairen Handel, doch gegen Schiedsger­ichte. Dennoch hat der damalige Bundeskanz­ler und SPÖ-Chef Christian Kern der vorläufige­n Anwendung von Ceta zugestimmt. Heute stellt sich die SPÖ gegen die Ratifizier­ung. Mit der Abstimmung für Ceta wird die FPÖ wohl an Glaubwürdi­gkeit verlieren. Im Wahlkampf wurde Ceta noch massiv kritisiert. Die Parteispit­ze hat im Jänner 2017 sogar das CetaVolksb­egehren unterschri­eben. Nun sagt FPÖ-Regierungs­koordinato­r Norbert Hofer, dass die Abgeordnet­en der Partei der Ratifizier­ung „ruhigen Gewissens“zustimmen werden.

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APA Gewerkscha­ft und zahlreiche NGOs demonstrie­rten gestern vor dem Bundeskanz­leramt gegen Ceta

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