„Wir wollen unsere Seele reinigen“
REPORTAGE. Muslime in aller Welt begehen seit dem 15. Mai den Fastenmonat Ramadan. Auch in Klagenfurt trifft man sich allabendlich in den Moscheen.
Sandalen, Sportschuhe, elegante Schnürer aus Leder. Das Schuhwerk, das sich im Regal gleich am Eingang der Moschee stapelt, ist so unterschiedlich wie die Träger. Unternehmer, Lehrer, Hilfsarbeiter und Asylwerber versammeln sich derzeit allabendlich im Gebetshaus am Kinoplatz in St. Ruprecht. Es ist Ramadan, der muslimische Fastenmonat. Wobei Fastenmonat für Imam Amir Mohamad Al-Amin die falsche Bezeichnung ist. „Es geht hier nicht nur um das Fasten im Sinne von weniger Essen. Wir wollen unsere Seele reinigen“, sagt der sunnitische Prediger, der auch Religionslehrer an mehreren Schulen ist.
Nach und nach kommen mehr Männer in den mit rotem Teppich ausgelegten Saal. Die einen sitzen am Rand, spielen mit ihren Handys. Andere rollen glänzende Plastikbahnen aus, decken Gläser und Besteck für das Iftar, das Abendfrühstück, auf. Jene, die hierher kommen, halten sich an die Regeln des Ramadans. Und die sind streng. Ab der Morgendämmerung – in Klagenfurt bereits um 3 Uhr früh – darf man weder essen noch trinken. „Auch Sex ist während des Tages verboten“, sagt Al-Amin. Während des Tages erledigt man seinen Alltag wie gewohnt, geht arbeiten, betet mehrmals. Erst nach Sonnenuntergang darf man wieder Speisen zu sich nehmen. Yonas Abraham stellt Teller mit Salaten und Datteln neben das Geschirr am Boden. „Der erste Bissen nach dem langen Fasten soll etwas leichtes sein, sonst wird einem schlecht.“Es ist knapp vor 21 Nun ist die Sonne untergegangen. Das Gemurmel verstummt, bedächtig essen die Männer die ersten Happen. Iraker sitzen neben Iranern, Afghanen neben Syrern. Nur Tschetschenen fehlen. Sie mögen das arabische Essen nicht, kochen lieber mit Knoblauch, wird dem Besucher erklärt. Zum Morgengebet würden aber einige kommen. „Wir heißen Moschee der Barmherzigkeit und wollen das auch so leben. Nationalismus oder Radikalismus haben bei uns keinen Platz“, so Al-Amin.
Man sucht auch den Dialog mit anders Denkenden. Anas war so einer. Der bullige Mann mit blonden Haaren und blauen Augen will seinen bürgerlichen Namen nicht nennen, Anas ist der Name, den er angenommen halt, als er in den Islam eintrat. „Davor war ich Pegida-Sympathisant.“Durch das Gespräch habe man sich gefunden. „Auch die Menschen hier sind gegen unkontrollierte Zuwanderung, sie halten sich an unsere Regeln, deswegen bin ich gerne Teil dieser Glaubensgemeinschaft geworden.“
Der Imam ruft zum Gebet. „Schalte das Handy aus“, raunt ein Mann aus Eritrea seinem Sitznachbarn zu. Die Männer knien nieder, es wird gebetet.
Dann werden große Töpfe in den Raum getragen. Es gibt Reis und Huhn in Paradeisersoße. „Bio-Fleisch“, betont Yonas Abraham, der das Essen an diesem Abend spendiert hat. „Ramadan ist die Zeit der Nächstenliebe. Durch das Fasten erfährt man, wie es jenen geht, die nicht viel haben. Deshalb spenUhr.
det man jetzt auch. Man sagt sogar: In der Fastenzeit darf kein Moslem hungrig sein.“Dass die langen Fastenphasen, in denen man ja auch nicht trinken darf, manche Menschen überfordern könnten, glaubt keiner hier im Saal. „Nach ein paar Tagen gewöhnt man sich daran.“Latif, ein Afghane mit aufgepumpten Bizeps, hat neben einem Glas Cola auch ein Protein-Getränk und trinkt gierig. Er will hinterher noch ins Fitnessstudio. „Während des Tages dürfte ich zwar trainieren, aber mir fehlt die Kraft. Also mache ich das in der Nacht.“
Nach dem Essen treten die Männer vor die Türe. Ein Student zündet eine Zigarette an. Ist das nicht verboten? „Irgendwie schon. Aber es ist besser als eine Kopfwehtablette. Und ich rauche ja nur in der Nacht.“