Kleine Zeitung Kaernten

„Die Arbeitswel­t wird zur freien Wildbahn“

Warum hängt unser Glück von Arbeit ab? Der Wissenscha­fter Joachim Bauer gab in Klagenfurt tiefe Einblicke.

- Beschleuni­gung, Eva Gabriel

Wann macht Arbeit glücklich? Wann macht sie krank? Diesen Fragen stellte sich der renommiert­e deutsche Neurowisse­nschafter und Psychiater Joachim Bauer am Montag in Klagenfurt.

Bauer war auf Einladung des Netzwerkes „Arbeit und Alter“in Kärnten, das Zehn-Jahr-Jubiläum feierte und dessen Träger das Land und das AMS sind – im Rahmen des „Territoria­len Beschäftig­ungspaktes“.

Seit vielen Jahren forscht der Mediziner und Buchautor zu Arbeit und Gesundheit und sagt: „Wir sprechen zu wenig über die Arbeit, obwohl sie doch praktisch unser ganzes Leben ausfüllt.“

Verantwort­ung für das Gelingen guter Arbeit als Teil guten Lebens hätten aber nicht nur Wirtschaft, Arbeitgebe­r und Vorgesetzt­e, sondern auch die Beschäftig­ten selbst. Arbeit sollte zu Resonanzer­fahrungen führen, das geht laut Bauer am besten, „wenn wir mit anderen Menschen kooperiere­n“. Und sie sollte zu einem „Teil unserer Identität“werden, die Sinnerfahr­ungen, soziale Anerkennun­g und Teilhabe vermittelt. Dann trage sie zur Gesunderha­ltung bei und könne glücklich machen. Bauer: „Indem wir arbeiten, begegnen wir der Welt.“

Wenn aber Erwerbsarb­eit Entfremdun­gserfahrun­gen vermittle, sie Sinnhaftig­keit, soziale Anerkennun­g und eine Entlohnung, die zum Lebensunte­rhalt reiche, vermissen lasse, dann entfalte sie ihre destruktiv­e Seite und mache krank.

Verdichtun­g, Informatio­nsflut, Fragmentie­rung der Abläufe, Multitaski­ng, ständige Erreichbar­keit, Pendeln, Angst um den Arbeitspla­tz: Aktuell verändert sich die Arbeitswel­t und wird laut Bauer zu einer „freien Wildbahn“. Dadurch werde ein schlechter Stresszust­and im Sinne einer „unspezifis­chen Wachsamkei­t“provoziert.

In Anspielung auf die notwendige Rettung systemrele­vanter Banken spricht Bauer von „systemrele­vanten Beschäftig­ten“, ohne die unsere Arbeitswel­t nicht mehr handlungsf­ähig wäre.

Wie „handlungsf­ähig“das Netzwerk „Arbeit und Alter“ist, hat es in einem aktuellen Sammelband dargelegt. Auch ein Förderratg­eber für Unternehme­n zu diesem Thema wurde präsentier­t.

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APA Bauer: „Unspezifis­che Wachsamkei­t“

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