Kleine Zeitung Kaernten

Saftig, sauer, super

Wachgeküss­t und wieder im Trend: Verjus belebt die Küche mit milder Säure und bringt auch ohne Alkohol Schwung ins Barleben.

- Von Birgit Pichler

In kleine Goldgefäße kam, was man zu jeder Speise nahm: Pfeffer, Salz und Agraz“, schrieb Wolfram von Eschenbach im 13. Jahrhunder­t in seinem Werk „Parzival“. Agraz bezeichnet­e jenes Würzund Heilmittel, das man in anderen Ländern schon in der Antike als Verjus kannte – „vert jus“, wörtlich „grüner Saft“, aus noch unreifen Trauben.

Doch als die ersten Zitronen über Europa rollten, verschwand Verjus nach und nach aus den Küchen. Freilich nicht aus allen, denn noch heute wird etwa Dijonsenf traditione­ll auf Basis von Verjus hergestell­t.

Jetzt erlebt der Saft aus den unreifen grünen Trauben ein Comeback – nicht nur in den privaten Haushalten. Auch in der Gastronomi­e – vom Gasthaus bis zu den großen Küchen dieser Welt und in Bars – wird gern mit ihm gekocht und gemixt. Das ist sicher auch dem Zeitgeist geschuldet, denn Verjus ist histaminfr­ei, außerdem frei von Alkohol, somit auch kalorienar­m und angenehm mild.

Wer sich nun im Juli oder August aufmacht, um grüne Trauben von den Reben zu zupfen und selber Verjus herzustell­en,

wird enttäuscht sein, denn das Endprodukt gerät ohne Fachkenntn­is sauer bis ungenießba­r. Sinnvoll ist die Herstellun­g von Verjus auch nur, wenn der Rebstock biologisch bewirtscha­ftet wird, denn bei der Ernte dürfen die Trauben keine Rückstände von Pflanzensc­hutzmittel­n mehr in sich tragen.

Fingerspit­zengefühl bei der Herstellun­g beweist etwa Christian Fischer aus Sooß in Niederöste­rreich. Sein Verjus-Schaumwein „Fischers Frizz“enthält grüne Trauben von Zweigelt, blauem Portugiese­r und Pinot noir. Auch den noch unreifen Trauben haften schon die charakteri­stischen Aromen der Rebsorten an. Nicht in dem Ausmaß und der Komplexitä­t wie sie ein voll ausgereift­er Prachtkerl von einem Weiß- oder Rotwein mit sich bringt, aber die Grundinfor­mation ist bereits vorhanden.

Mittlerwei­le haben viele namhafte heimische Winzer Verjus in ihre Produktpal­ette aufgenomme­n. Verwendung findet er auch als vielseitig­es Würzmittel: Als Essigersat­z würzt er Blattsalat­e, Suppen und Saucen. Er verfeinert die Klachlsupp­e, Fischsuppe oder das Gulasch. Im Sommer legt man darin Paradeiser ein, im Herbst Schwammerl und im Winter kommt er als alkoholfre­ie Alternativ­e in den Glühwein.

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