Nachhilfe für die kleine Brieftasche. Auch die Volkshochschule startet jetzt ein Pilotprojekt für Pflichtschüler.
Nach dem Erfolg des AK-Lerncoachings startet auch die Volkshochschule Kärnten kostengünstige Nachhilfestunden.
Die Gründe für Nachhilfestunden sind vielfältig und individuell. „Ich kann mich im Unterricht oft schwer konzentrieren, weil es so laut ist. Hier kann ich mehrmals nachfragen, wenn ich etwas nicht verstehe“, sagt Nico (11). „Hier kann der Lehrer mir Sachen ganz genau erklären, in einer normalen Schulklasse mit 25 Kindern geht das nicht“, erzählt Vanessa (13). „Ich will meine Mathematik Kenntnisse verbessern und wieder gut im Unterricht mitkommen“, berichtet Iman (12). „Ich war ein paar Tage krank und bin danach einfach nicht mehr im Unterricht mitgekommen. Jetzt hole ich alles wieder auf“, sagt Domenico (12).
Für viele Schüler gehört Nachhilfe zur „klassischen“Schulkarriere dazu. Schulen produzieren einen immer größer werdenden Nachhilfemarkt, mit der Nachfrage steigt auch der Preis. Gründe für die hohe Nachfrage gäbe es viele: „Unter anderem der hohe und immer weiter steigende Leistunsdruck, unter dem Eltern und Kinder stehen. Gute Schüler wollen noch besser werden. Aber auch Bequemlichkeit oder Unfähigkeit der Lehrer sind Problemfaktoren“, sagt Bildungsdirektor Rudolf Altersberger.
Für viele Eltern ist vor allem die finanzielle Last eine Herausforderung. „Unser Schulsystem fördert Kinder und Jugendliche aber nicht nur, es fordert sie auch stark – wie auch die Eltern und ihre Brieftaschen. Die Folge sind hohe Nachhilfekosten“, sagt Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer (AK) Kärnten. Laut einer AK-Studie zahlen Eltern in Kärnten im Durchschnitt 700 Euro pro Schulkind für professionellen Nachhilfeunterricht.
Je nach Schultyp des Kindes ist das ist vor allem für einkommensschwache Familien problematisch. So müssen Eltern mit Kindern in der Neuen Mittelschule Durchschnittskosten von circa 660 Euro, Eltern von Schülern der AHS 670 bis 750 Euro tragen. Im vergangenen Jahr wurden kärntenweit 6,3 Millionen Euro für Nachhilfe ausgegeben.
Die Volkshochschule (VHS) Kärnten will nun erstmals in Kooperation mit der AK und dem Land Abhilfe schaffen. Schon im vergangenen Jahr nahmen rund 700 Schüler in 166 verschiedenen Kursen am AKLerncoaching teil. Für eine einmalige Einschreibegebühr von zehn Euro pro Kurs konnten die Kinder und Jugendlichen kostenlose Nachhilfestunden in den drei Hauptfächern erhalten. Auch in diesem Jahr gibt es das AK-Lerncoaching wieder. Es richtet sich vor allem an Schüler der Neuen Mittelschule und der AHS Unterstufe.
Nach dem Pilotprojekt bietet die VHS ein kostenloses Nachhilfepaket von fünf Stunden an. Jedes weitere kostet mit Familienkarte 60 Euro, ohne 90 Euro. Dieses Angebot richtet sich an Schüler der Pflichtschule und der Volksschule. Den größten Andrang gibt es im Fach Mathematik, gefolgt von Englisch und Deutsch. Die Kurse werden in beiden Fällen von ausgebildeten VHS Trainern gehalten. Voraussetzung dafür ist die Familienkarte des Landes Kärnten, die online kostenlos beantragt werden kann.
„Wir wollten eine kostengünstige, aber trotzdem qualitativ hochwertige Alternative zum bestehenden Angebot in Kärnten schaffen“, sagt Benjamin Hell, von der VHS-Bezirksstelle Klagenfurt. Die Nachfrage ist groß, seit Ende des Vorjahres wurden mehr als 10.000 Familienkarten beantragt. „Der Bedarf an Nachhilfestunden nimmt weiter zu, besonders in Randbezirken. Wir wollen so ein Zeichen für einkommensschwache Familien setzen“, erzählt Alfred Wrulich, Leiter des Jugendreferates.
Mittlerweile laufen 35 Kurse in Kärnten und jede Woche kommen neue dazu. „Wenn sich vier Kinder in einer Gemeinde finden, versuchen wir, dort einen Raum zu organisieren und einen Trainer zu vermitteln“, sagt Isabella Penz, von der Bezirksstelle St. Veit/Feldkirchen. Derzeit finden in der VHS Klagenfurt vier verschiedene Nachhilfekurse statt.
Die Idee dahinter ist ein flächendeckendes System für ganz Kärnten zu schaffen, das nicht nur Schüler in Städten, sondern auch in Randbezirken Kärntens versorgt. Besonders Schüler aus einkommensschwachen Familien sollen durch dieses gratis Paket und das AK-Lerncoaching Zugang zu professioneller Nachhilfe bekommen.
„Es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, um einem Zwei-Klassen-System entgegenzuwirken. Bildung sollte für alle zugänglich und leistbar sein“, sagt Altersberger.