Ist die Kürzung der Mindestsicherung gerecht?
Die Pläne der Regierung für die bedarfsorientierte Mindestsicherung sind vor allem ein Versuch, Menschen rascher wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen.
Die Bundesregierung hat die angekündigte Vereinheitlichung der bedarfsorientierten Min de st sicherung (b. M.) in einem ersten Reformentwurf vorgelegt. Sie soll 863,04 Euro monatlich betragen. Diesent spricht dem Ausgleichszulage nr ichtsatz.Di es ist auch exakt der Betrag, der in Wien gezahlt wird, und mehr als in den meisten österreichischen Bundesländern. Es handelt sich also nicht nur um eine Kürzung, sondern für den kleineren Teil der Bezieher um eine Erhöhung. In Tirol und Vorarlberg gibt es zurzeit für Alleinstehende rund 650 Euro, für Alleinstehende in Wohngemeinsc haften rund 480 Euro. In Oberösterreich ist der relevante Betrag für Asyl berechtigte undsubsidiär Schutz berechtigte einschließlich Integ rat ions bonus 520 Euro monatlich. Der Integ rat ions bonus kann bei mangelnder Erfüllung der Integ rat ions vereinbarung auch gekürzt werden.
Der Kern der Reform ist aber der Einbau eines scharfen Anreizes zur möglichst raschen Integration in den Arbeitsmarkt. Um das zu erreichen, werden die 863,04 um 300 Euro reduziert. Dieb. M. wird erst wieder in vollem Umfang ausgezahlt, wen nein Pflicht schulabschluss oder Sprachkenntnisse in Deutsch auf dem Sprachniveau B 1 nachgewiesen werden. Der Anreiz, rasch Deutsch zu erlernen und damit arbeitsmarkt fähig zu werden, wird durch diese Maßnahmen deutlich erhöht.
Subsidiär Schutzberechtigte sollen keine b. M. mehr erhalten, sondern nur die Grundversorgung, die auch Asylwerber bekommen. Dies ist schon jetzt in mehreren Bundesländern Praxis. Bei Familien und Alleinerziehern werden diese Abstriche nicht vorgenommen, die Kinderzuschläge liegen bei einem Kind etwa auf heutigem Niveau, werden aber mit der Anzahl der Kinder reduziert. Alleinerzieher erhalten höhere Zuschläge. Damit werden mehrere Ziele verfolgt: Unterstützung von Kindern, Integration in den Arbeitsmarkt und Verhinderung von Dauereinkommen aus der b. M.
Stärkere Anreize im Sozialsystem, die dazu führen, dass die Sozialleistung weniger oder nicht mehr in Anspruch genommen wird, sind in vielen Ländern ein zentrales Thema geworden. Auch die historische Arbeitsmarktreform Hartz IV, in der es auch um Anreize ging, ist zunächst stark bekämpft worden. Heute weiß man, dass sie die wohl wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Deutschland in den letzten 30 Jahren war.
Professor Felderer gibt hier seine Meinung nicht als Repräsentant einer Behörde oder einer Organisation wieder, sondern als Privatperson und Wirtschaftsforscher.