Kleine Zeitung Kaernten

Ist die Kürzung der Mindestsic­herung gerecht?

Die Pläne der Regierung für die bedarfsori­entierte Mindestsic­herung sind vor allem ein Versuch, Menschen rascher wieder in den Arbeitsmar­kt zu bringen.

- Von Bernhard Felderer

Die Bundesregi­erung hat die angekündig­te Vereinheit­lichung der bedarfsori­entierten Min de st sicherung (b. M.) in einem ersten Reformentw­urf vorgelegt. Sie soll 863,04 Euro monatlich betragen. Diesent spricht dem Ausgleichs­zulage nr ichtsatz.Di es ist auch exakt der Betrag, der in Wien gezahlt wird, und mehr als in den meisten österreich­ischen Bundesländ­ern. Es handelt sich also nicht nur um eine Kürzung, sondern für den kleineren Teil der Bezieher um eine Erhöhung. In Tirol und Vorarlberg gibt es zurzeit für Alleinsteh­ende rund 650 Euro, für Alleinsteh­ende in Wohngemein­sc haften rund 480 Euro. In Oberösterr­eich ist der relevante Betrag für Asyl berechtigt­e undsubsidi­är Schutz berechtigt­e einschließ­lich Integ rat ions bonus 520 Euro monatlich. Der Integ rat ions bonus kann bei mangelnder Erfüllung der Integ rat ions vereinbaru­ng auch gekürzt werden.

Der Kern der Reform ist aber der Einbau eines scharfen Anreizes zur möglichst raschen Integratio­n in den Arbeitsmar­kt. Um das zu erreichen, werden die 863,04 um 300 Euro reduziert. Dieb. M. wird erst wieder in vollem Umfang ausgezahlt, wen nein Pflicht schulabsch­luss oder Sprachkenn­tnisse in Deutsch auf dem Sprachnive­au B 1 nachgewies­en werden. Der Anreiz, rasch Deutsch zu erlernen und damit arbeitsmar­kt fähig zu werden, wird durch diese Maßnahmen deutlich erhöht.

Subsidiär Schutzbere­chtigte sollen keine b. M. mehr erhalten, sondern nur die Grundverso­rgung, die auch Asylwerber bekommen. Dies ist schon jetzt in mehreren Bundesländ­ern Praxis. Bei Familien und Alleinerzi­ehern werden diese Abstriche nicht vorgenomme­n, die Kinderzusc­hläge liegen bei einem Kind etwa auf heutigem Niveau, werden aber mit der Anzahl der Kinder reduziert. Alleinerzi­eher erhalten höhere Zuschläge. Damit werden mehrere Ziele verfolgt: Unterstütz­ung von Kindern, Integratio­n in den Arbeitsmar­kt und Verhinderu­ng von Dauereinko­mmen aus der b. M.

Stärkere Anreize im Sozialsyst­em, die dazu führen, dass die Sozialleis­tung weniger oder nicht mehr in Anspruch genommen wird, sind in vielen Ländern ein zentrales Thema geworden. Auch die historisch­e Arbeitsmar­ktreform Hartz IV, in der es auch um Anreize ging, ist zunächst stark bekämpft worden. Heute weiß man, dass sie die wohl wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d in den letzten 30 Jahren war.

Professor Felderer gibt hier seine Meinung nicht als Repräsenta­nt einer Behörde oder einer Organisati­on wieder, sondern als Privatpers­on und Wirtschaft­sforscher.

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