Seit 150 Jahren im Nadel-Adel
Johannes Thomas Rettl (56) aus Villach feiert in dieser Woche das 150-Jahr-Jubiläum seines Familienunternehmens.
Glaubt man Hollywood und Christopher Lambert im Highlander-Film aus den 80er-Jahren, kann es nur einen geben. Und tatsächlich: Der Villacher Thomas Rettl schaffte es mit seinem Faible für hochwertigste Stoffe, Traditionssinn und einer kräftigen Portion Mut, sich mit seiner Mode einzigartig zu machen. In dieser Woche feiert er mit seinem 23-köpfigen Firmenteam, der Familie, Kunden und vielen Freunden nun 150 Jahre Rettl – und die Tatsache, dass es im Land wohl nur einen Kiltschneider in dieser Dimension geben kann.
Auf das Highlander- und Kilt-Thema ist der 56-jährige Villacher übrigens per Zufall gestoßen. „Die Familie hat früher immer strapazierfähige Stoffe aus Schottland bezogen“, erzählt er. Schon in jungen Jahren war er daher selbst vor Ort und hat die raue und leidenschaftliche Lebenweise inhaliert. Schließlich – auch als Mitglied eines Villacher Schottenklubs – entwarf er vor rund 18 Jahren den Kilt als seine Version einer Verbindung von Tradition und Moderne, von Kärnten und Schottland. „Damals habe ich heimischen Wächtern der Tracht recht viel Gegenwind gespürt. Aber auch große Unterstützung von jenen bekommen, die den Gedanken und das Lebensgefühl hinter meiner Mode verstanden haben.“
Prominente aus verschiedenen Bereichen machten den Kärntner Schottenrock schließlich auf internationalem Parkett bekannt – darunter Showmaster Thomas Gottschalk, Skikaiser Franz Klammer, Schauspieler Cornelius Obonya und natürlich Sir Sean Connery auf einer Gala in New York. Auch das Haus Windsor wurde auf die außergewöhnliche Mode aufmerksam und bestellte beim Villacher Schneider Jacken und Sakkos, die von Rettl persönlich überbracht wurden.
Das Kärnten-Karo mit den symbolhaften Farben für das Land hat mittlerweile Nachfolger in allen Bundesländern – die gesamte Rettl-Kollektion umfasst derzeit 500 eigene Stoffe und Muster, die nur für den Villacher Modemacher gewebt werden. „Was möglich ist, lassen wir übrigens in Österreich fertigen, 80 Prozent unserer Wertschöpfung bleibt im Land.“Die Verpflichtung zur Qualität steht hoch im Kurs. „Es ist eine bewusste Entscheidung, in kleinen Einheiten zu wachsen. Gewinnvon
auf Kosten der Qualität gibt es bei uns nicht.“Stete Innovation und mutige Entscheidungen hingegen haben in der Familie, die seit 150 Jahren dem Nadel-Adel verpflichtet ist, Tradition.
Thomas Rettl, der eigentlich Johannes in vierter Generation heißt, geht also den Weg seiner Vorfahren. Schon Vater Hans Heinrich Paul entschied sich 1965 dazu, zusätzlich zur Anfertigung von Anzügen im Hinterhof ein Geschäft mit passenden Accessoires zu eröffnen. Der Grundstein für das heutige Rettl-Haus in der Villacher Freihausgasse war gelegt.
Der Ursprung der Schneiderdynastie liegt allerdings in Klagenfurt: Josef Rettl – der Onkel von Thomas’ Urgroßvater – gründemaximierung te 1868 in der Domgasse eine „Uniformierungsanstalt und Civil-Schneiderei“. „Eigentlich wollte sich die Familie bereits 1860 in Villach niederlassen, aber der damalige Gemeinderat lehnte das Ansuchen ab“, weiß Rettl, der ob des Firmenjubiläums Dachböden, Dokumente und alte Fotos durchstöbert und mit Historikern besprochen hat. „Das Geschäft in Villach haben wir jetzt mit Familien-Fundstücken dekoriert. Eigentlich könnte ich ein Museum machen“, sprudelt schon wieder eine neue Idee aus Rettl.
Privat wird – quasi nach schottischem Vorbild – im Clan gelebt, „einer funktionierenden Patchwork-Familie mit insgesamt fünf Kindern“. In der Firma schaukelt Gattin Nathaly die betrieblichen und organisatorischen Belange, Ex-Gattin Karin Loitsch ist für das kreative Design zuständig. Handwerker ist Rettl übrigens auch privat: auf einer Enduro im Wald, beim Holzhacken, mit Freunden in der Fußball-Liga, beim Eishockey, als leidenschaftlicher Hobbykoch oder aktuell beim Einrichten eines eigenen Chalets in Arriach.