Kleine Zeitung Kaernten

Wovon leben wir noch?

Die Verteilung von Geld und Arbeit ist ungerecht. Die „Digitale Revolution“verschärft die Probleme noch.

- Von Christian Hölbling* *Christian Hölbling ist Künstler und Kabarettis­t

Wie man weiß, sagen Jugendlich­e gerne „Olta“zueinander, und zwar durchaus anerkennen­d. Ab einem gewissen realen Alter ist es dann aber vorbei mit der Anerkennun­g. Ist schon paradox: Jeder will alt werden, aber keiner will alt sein. Wir haben einen 31-jährigen Bundeskanz­ler, weil jugendlich­er Elan cooler ist als Erfahrung. Natürlich: dort, wo wirklich wichtige Entscheidu­ngen getroffen werden, wäre es nicht denkbar, dass ein unter 50-Jähriger der Chef ist. Bei VW zum Beispiel oder bei Nestlé. Aber in der Republik Österreich schon, weil bei uns geht’s ja in Wahrheit um nix. Für die Global Player sind wir ein Kindergart­en. Bastis Bastelstub­e.

In meiner Kindheit waren die Leute ab 60 so richtig alt, auch optisch. Zähe hanebüchen­e Mannsbilde­r in Graubraun mit Steirerhut und runzlige Weiberleut’ mit Kittelschü­rzen. Bei uns im Dorf hätte ein Kopftuchve­rbot eingeschla­gen wie eine Bombe. Heute schauen die 60-Jährigen vergleichs­weise knusprig aus. Die quetschen sich in ihre bunten Leggins und fahren mit dem Mountainbi­ke zum Zumbakurs. Wir sind also heute offensicht­lich körperlich und geistig immer länger fit, aber für die Wirtschaft reicht das trotzdem nicht. Da wird einem 46-Jährigen beschieden, dass er zu alt sei für einen Job und sich das für die Firma nicht rentiere. Es stinkt also gewaltig im System. enn es gibt ja in Wahrheit genug Arbeit für alle, so wie es genug Essen für alle gibt und genug Geld. Das Problem ist nur die ungerechte Verteilung. „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut.“Wer, außer der Wirtschaft­skammer, glaubt diesen Quatsch? Erfahrungs­gemäß gibt es für die Wirtschaft nie den richtigen Moment, die breite arbeitende Masse an Gewinnen zu beteiligen. An Verlusten schon, etwa wenn die Banken zu retten sind. Da werden schon mal über Nacht 100 Milliarden Steuergeld lockergema­cht. Aber an Gewinnen beteiligen? Pfui. Da ist dann immer sofort der Wirtschaft­sstandort in Gefahr. Das Wesen der Umverteilu­ng ist ja, dass sie von denen ausgehen müsste, die überhaupt was zum Verteilen haben. Und die wollen in der Regel freiwillig nichts hergeben. Ein schlechtes Beispiel ist die Firma Apple, die Barreserve­n

D(!) von 285 Milliarden Dollar hortet (Stichtag 1. Februar 2018) und gleichzeit­ig sehr ungern Steuern zahlt. enn wir Menschen immer mehr Technik entwickeln, die uns die Arbeit abnimmt, müssen wir uns Gedanken machen, wovon wir in Zukunft leben. Und wir sollten diese Aufgabe NICHT den Aktionären überlassen, weil denen ist das wurscht. Ein Mensch ist ein Kostenfakt­or und vermindert die Dividende. Ein Roboter ist billiger und gründet auch keinen Betriebsra­t. Wenn es schon so ist, dass uns die Maschinen ersetzen, dann sollten auch alle davon profitiere­n, und nicht nur die Aktionäre. Das wäre fair. Ansonsten droht uns in Zukunft eine breit angelegte Verelendun­g. Das wissen auch kluge Unternehme­r, wie etwa der Gründer von „dm“, der sich für ein Grundeinko­mmen für alle ausspricht. Denn wer wird in Zukunft einkaufen können, wenn es zu wenige gesicherte Jobs und Einkommen gibt? Die Digitale Revolution gibt uns die Chance, Arbeit und Einkommen zu entkoppeln, verbunden mit einer radikalen Vereinfach­ung des bisherigen Sozialsyst­ems. in Rechenbeis­piel aus der Schweiz vom Philosophe­n Richard David Precht: „Wenn man die Finanztran­saktionen dort nur mit 0,05 Prozent besteuern würde, könnte jeder Schweizer ein Bedingungs­loses Grundeinko­mmen von 2500 Franken kriegen. So etwas könnte man natürlich abgewandel­t auch bei uns machen, und das wäre auch sofort beschäftig­ungswirksa­m. Unter anderem wahrschein­lich auch bei den Heerschare­n von Beamten, die sich derzeit gegenseiti­g beim Verwalten von Sozialleis­tungen verwalten. Hier ist viel Widerstand zu erwarten.

Dass durch ein Bedingungs­loses Grundeinko­mmen alle auf der faulen Haut liegen würden, glaube ich nicht, denn das liegt nicht in der Natur der meisten Menschen. Wenn es dazu kommt, dass sich die Menschen sinnvoller­en, erfüllende­ren Beschäftig­ungen zuwenden können als bisher, dann folgt vielleicht auf die Digitale endlich auch die Humane Revolution.

EW

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