Der Sonntag und die sieben Zwerge
Ernst Windbichler,
Pfarrer in Spittal an der Drau n manchen Schlafzimmern hing früher das fromme Bild von Jesus, der mit seinen Aposteln durch das Getreidefeld geht. Da spürt man nichts von Ärger und Provokation. In Wirklichkeit heißt das aber: Hungrige Jesusfreunde reißen Kornähren aus, das ist Erntearbeit, das ist am Sabbat verboten. Der Sabbat, der große wöchentliche Ruhetag, ist das große Erbe des Judentums an die Menschheit, denn Gott selbst ruhte am siebenten Tag. In der Französischen Revolution hat man versucht, die Zehn-Tage-Woche einzuführen, und ist kläglich gescheitert. Kein Wunder, dass man diesen Tag schützt. Man kann aber auch über das Ziel hinausschießen und ihn zur Belastung machen, wenn man ihn mit einem Zaun von Gesetzen umgibt oder ganz abschafft. Jesus hat solche Zäune überwunden, wenn es um das Wohl des Menschen ging.
In einem Märchen heißt es: Da waren 7 Zwerge, 6 davon arbeiteten den ganzen Tag im Wald, einer aber musste im Haus bleiben, kochen und waschen und für eine gute Atmosphäre sorgen. Und wenn die anderen müde nach Hause kamen,
Idann konnten sie es sich gut gehen lassen. Eines Tages aber sagten sie: Das ist nicht in Ordnung, dass unser Bruder nicht mit zur Arbeit geht. Er soll genauso wie wir sich anstrengen. Und er musste fortan mit zur Arbeit. Aber als sie nun heimkamen, da war es kalt und ungemütlich, niemand nahm sie freundlich in Empfang, und sie wurden immer mürrischer, es wurde unerträglich. Jetzt erst entdeckten sie, wie kostbar der Dienst ihres Bruders gewesen war, und sie setzten ihn wieder in seinem alten Amt ein.
Diese sieben Zwerge, das sind die Wochentage, und der, der für das gute Klima sorgt, das ist der Sonntag. Wenn der Sonntag auch zum Arbeitstag wird, dann hört sich das gute Klima auf. Das ist die Moral aus dieser Geschichte. Seine Krönung aber erhält der Sonntag, wenn der Mensch in Gemeinschaft mit anderen mit Gott auf Du und Du ist, wenn er von ihm erfahren darf: Du, Mensch, bist für mich der Mittelpunkt, ich will, dass es dir gut geht, und alle Gesetze und Gebote sollen helfen, dass du leben kannst, du und die anderen.