Kleine Zeitung Kaernten

Eine Geste als Ouvertüre im Präsidents­chaftsreig­en

Das österreich­ische Regierungs­team macht heute in Brüssel seine Aufwartung. Mit kritischen Tönen ist nicht zu rechnen.

- Von Andreas Lieb, Brüssel

Dass vor Beginn einer Ratspräsid­entschaft alle Mitglieder einer Regierung nach Brüssel reisen, ist zwar nicht außergewöh­nlich, aber auch keine Selbstvers­tändlichke­it. Österreich will offensicht­lich ein Zeichen setzen: Das komplette Regierungs­team reist heute in die EU-Hauptstadt.

Die „Klassenfah­rt“wird entspreche­nd wohlwollen­d zur Kenntnis genommen. Man sei sehr erfreut über den Besuch, „wir würdigen diese Geste“, sagte ein Sprecher der Kommission. Bei Österreich zeige sich auch, dass man in den nächsten sechs Monaten eng zusammenar­beiten werde. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) sei bereits mehrmals mit EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker in der jüngsten Vergangenh­eit zusammenge­troffen. „Wir sind erfreut, dass diese enge Kooperatio­n fortgesetz­t wird.“Es gebe eine gute institutio­nelle Dynamik, heißt es.

Der Antrittsbe­such dürfte somit auch eher dem Programm des Vorsitzes in der zweiten Jahreshälf­te gewidmet sein und nicht den kritischen Tönen, die zuletzt aus Österreich zu hören waren. Vizekanzle­r und FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache hatte laut über die Sinnhaftig­keit der Personenfr­eizügigkei­t nachgedach­t, Kanzler Kurz gilt als harter Gegner der Kommission­spläne für den mehrjährig­en Finanzrahm­en. Die Rolle Österreich­s in der Beziehung der Europäisch­en Union zu Russland könnte allerdings – passend zum gestrigen Pu- tin-Besuch in Wien – zu den Themen eines Arbeitsess­ens gehören, das die Regierungs­mitglieder mit allen 28 Kommissare­n einnehmen werden. Offiziell auf dem Programm stehen neben den Schwerpunk­ten der Präsidents­chaft die Rechtslage in Polen – hier läuft das bisher einzige EUVerfahre­n nach Artikel 7 – und der Handelsstr­eit mit den USA.

Am Vormittag werden die Regierungs­mitglieder einen informelle­n Ministerra­t in der ständigen Vertretung halten. Die Vertretung ist die größte, die Österreich im Ausland unterhält. Für den frühen Nachmittag ist eine gemeinsame Pressekonf­erenz von JeanClaude Juncker und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz am Sitz der Kommission, dem Berlaymont-Gebäude, geplant.

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