Wenn Schiedsrichter Politikern helfen sollen
Schiedsrichter braucht es immer wieder einmal im Leben. Sie verhindern, dass sich nur die Stärkeren durchsetzen. Sie garantieren, dass sich alle an Regeln halten, und schützen so die Benachteiligten. Der Verfasssungsgerichtshof (VfGH) ist so etwas wie der oberste Schiedsrichter in Österreich. Er schützt unseren Staatsaufbau und die Rechte der Menschen gegenüber Politik und Verwaltung mit seinen rund 5000 Entscheidungen jährlich.
Im Gedächtnis bleiben nur wenige, meist jene mit politischer Brisanz. Etwa jene zu den zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten, die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl, die Forderung nach der Ehe für alle oder die Ablehnung von Bettelverboten. Nun wollen die Wiener Stadträte Ulli Sima und Peter Hacker beim VfGH die Aufhebung des Rauchverbotes in der Gastronomie bekämpfen. Das ist ihr gutes Recht, bei den Aussichten auf Erfolg teilen sich die Meinungen der Experten.
Durchaus kritisch ist allerdings die Tendenz zu sehen, den VfGH in politische Konflikte hineinzuziehen. Es kommt eher einem Missbrauch gleich, wenn die obersten Richter Entscheidungen treffen sollen, weil sich Parteien nicht einigen können. Oder weil sich eine Seite nicht mit einer politischen Niederlage abfinden will.
In einer parlamentarischen Demokratie sind Gewaltenteilung und Kontrolle des Gesetzgebers durch die Justiz eine wesentliche Säule. Doch die Übertragung von politischen Entscheidungen auf ein Richtergremium ist bedenklich. Das ist und bleibt grundsätzlich Aufgabe von gewählten Mandataren. So wie dieser Auftrag nur in Ausnahmefällen im Rahmen der direkten Demokratie dem Volk übertragen werden soll.
„Die Übertragung von politischen Entscheidungen auf den Verfassungsgerichtshof ist bedenklich.“
Die Grundlage eines Gerichts ist seine Autorität. Diese beruht auf Vertrauen, Kompetenz und Neutralität. So wird der VfGH aber gezwungen, Position zu beziehen im Kampf rot-grünes Wien gegen türkis-blauen Bund. Zumindest danach wird seine Entscheidung so interpretiert werden. Nur weil politische Akteure sich nicht mehr einigen können und so ihre Pflicht zur Lösungsfindung verletzen.