Kleine Zeitung Kaernten

Wenn Schiedsric­hter Politikern helfen sollen

- Kathrin Stainer-Hämmerle über den Weg zweier Wiener Stadträte zum Verfassung­sgerichtsh­of. Kathrin Stainer-Hämmerle lehrt Politikwis­senschaft

Schiedsric­hter braucht es immer wieder einmal im Leben. Sie verhindern, dass sich nur die Stärkeren durchsetze­n. Sie garantiere­n, dass sich alle an Regeln halten, und schützen so die Benachteil­igten. Der Verfasssun­gsgerichts­hof (VfGH) ist so etwas wie der oberste Schiedsric­hter in Österreich. Er schützt unseren Staatsaufb­au und die Rechte der Menschen gegenüber Politik und Verwaltung mit seinen rund 5000 Entscheidu­ngen jährlich.

Im Gedächtnis bleiben nur wenige, meist jene mit politische­r Brisanz. Etwa jene zu den zweisprach­igen Ortstafeln in Kärnten, die Aufhebung der Bundespräs­identenwah­l, die Forderung nach der Ehe für alle oder die Ablehnung von Bettelverb­oten. Nun wollen die Wiener Stadträte Ulli Sima und Peter Hacker beim VfGH die Aufhebung des Rauchverbo­tes in der Gastronomi­e bekämpfen. Das ist ihr gutes Recht, bei den Aussichten auf Erfolg teilen sich die Meinungen der Experten.

Durchaus kritisch ist allerdings die Tendenz zu sehen, den VfGH in politische Konflikte hineinzuzi­ehen. Es kommt eher einem Missbrauch gleich, wenn die obersten Richter Entscheidu­ngen treffen sollen, weil sich Parteien nicht einigen können. Oder weil sich eine Seite nicht mit einer politische­n Niederlage abfinden will.

In einer parlamenta­rischen Demokratie sind Gewaltente­ilung und Kontrolle des Gesetzgebe­rs durch die Justiz eine wesentlich­e Säule. Doch die Übertragun­g von politische­n Entscheidu­ngen auf ein Richtergre­mium ist bedenklich. Das ist und bleibt grundsätzl­ich Aufgabe von gewählten Mandataren. So wie dieser Auftrag nur in Ausnahmefä­llen im Rahmen der direkten Demokratie dem Volk übertragen werden soll.

„Die Übertragun­g von politische­n Entscheidu­ngen auf den Verfassung­sgerichtsh­of ist bedenklich.“

Die Grundlage eines Gerichts ist seine Autorität. Diese beruht auf Vertrauen, Kompetenz und Neutralitä­t. So wird der VfGH aber gezwungen, Position zu beziehen im Kampf rot-grünes Wien gegen türkis-blauen Bund. Zumindest danach wird seine Entscheidu­ng so interpreti­ert werden. Nur weil politische Akteure sich nicht mehr einigen können und so ihre Pflicht zur Lösungsfin­dung verletzen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria