Schlag gegen politischen Islam
Die Bundesregierung hat die Schließung von sieben Moscheen sowie die Ausweisung von bis zu 62 türkischen Predigern angeordnet. Die Türkei ist empört.
Die türkis-blaue Koalition holt zum Schlag gegen den politischen Islam aus. Kanzler, Vizekanzler, Kultusund Innenminister wurden gestern aufgeboten, um die Schließung von sieben Moscheen und die Ausweisung von bis zu 62 türkischen Imamen zu verkünden. Ein zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Präsidentenwahlen in der Türkei wird in Abrede gestellt. Kultusminister Gernot Blümel erklärte in der
ZiB 2, „wir warten natürlich nicht, ob der Herr Erdogan Wahlen hat, wenn es darum geht, in Österreich dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen“. Bundeskanzler Sebastian Kurz begründet die drastische Maßnahme mit der Formulierung: „Parallelgesellschaften haben in Österreich keinen Platz.“Vizekanzler Heinz-Christian Strache ergänzt, die Regierung werde „keine Hasspredigten unter dem Deckmantel einer Religion dulden“.
Allerdings – die durchaus spektakulären Maßnahmen beruhen in erster Linie auf formalrechtlichen Verfehlungen. Die radikalsten Moscheen und die gefährlichsten Prediger finden sich, so die Informationen eines Insiders, nicht auf der Liste. Graz gilt österreichweit als Hochburg des politischen Islam, nur einem Prediger aus Graz droht der Landesverweis.
Den 62 türkischen Imamen wird der Vorwurf gemacht, im Widerspruch zu dem in Österreich seit wenigen Jahren geltenden Islamgesetz weiterhin vom Ausland finanziert zu werden. Dem Vernehmen nach bedient sich ATIB, der Dachverband der in Österreich tätigen türkischen Moscheen und Vereine mit rund 100.000 Mitgliedern, einer in Belgien angesiedelten Umgehungskonstruktion. ATIB vertritt den sunnitischen Islam und stellt den Moscheegemeinden staatliche Imame aus der Türkei zur Ver-
fügung. Der Verband gilt als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet und Erdog˘ans AKP-Partei.
Nach Informationen des Innenministeriums droht bis zu 62 Predigern die Ausweisung aus Österreich. Zwei sind bereits im Besitz des Bescheids, bei weiteren elf Imamen ist das Verfahren so gut wie abgeschlossen, bei 27 läuft es noch. 22 Prediger haben sich noch nicht bei der Behörde gemeldet. Formell müssen Imame jährlich um die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels ansuchen.
Ein ATIB-Sprecher bestätigt, dass Imame in Österreich aus dem Ausland finanziert werden, da es in Österreich „keine adäquate Ausbildung“gebe. Dass in türkischen Gebetsräumen politische Botschaften verbreitet werden, bestreitet er aber. In keiner ATIB-Moschee werde ausländischer Wahlkampf betrieben. „Das gibt es nicht.“Betroffen von den Ausweisungen sind unter anderem Prediger in Graz, Leoben, Klagenfurt, Wolfsberg, Villach, Spittal an der Drau sowie aus jener Wiener Moschee, die mit Kriegsspielen unter Einbindung von Kindern für Empörung sorgte.
Die Schließung der sieben Moscheen wurde vom Kultusamt in erster Linie deshalb angeordnet, weil sie illegal betrieben worden sind, so der dafür zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel. Betroffen sind sechs Einrichtungen der „Arabischen Kultusgemeinde“, darunter eine in Klagenfurt, sowie die As-Sunnah-Moschee in Wien-Mariahilf, gegen deren Betreiber wegen Förderungsmissbrauchs von Kindergartensubventionen ermittelt wird. Auch wird dem Moschee-Verein „Nizam-i Alem“in Wien-Favoriten der Betrieb untersagt. Die Moschee steht im Verdacht, unter Einfluss der als extremistisch und faschistisch eingestuften türkischen „Grauen Wölfe“zu stehen.
In arabischen Kreisen in Wien wird die Schließung der sechs saudischen Moscheen auf interne Machtkämpfe innerhalb der moslemischen Community zurückgeführt. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) sei fest in türkischer Hand, die Schließung der arabischen Moscheen sei von der Glaubensgemeinschaft angeordnet worden. Insgesamt umfasst die IGGÖ 28 Kultusgemeinden und 373 Moscheen in ganz Österreich.
betonten gestern, dass man erst am Anfang stehe. Dem Vernehmen nach sollen die Bestimmungen so geändert werden, dass der Staat künftig auch gegen Hassprediger, selbst wenn sie in offiziellen Moscheen tätig und nicht auslandsfinanziert sind, vorgehen kann.
steht der Schließung prinzipiell positiv gegenüber. Das sei „die erste gescheite Maßnahme der Regierung“, sagte etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher. Die Grünen werfen Kanzler Kurz aber vor, mit dieser Aktion Wahlhilfe für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdog˘an zu betreiben.