Kleine Zeitung Kaernten

Der deutsche Nachrichte­ndienst spionierte jahrelang heimische Firmen und Behörden aus.

Der deutsche Geheimdien­st BND hat in Österreich spioniert. Präsident und Kanzler fordern Klarheit.

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Ein Ausspionie­ren unter befreundet­en Staaten ist nicht nur unüblich und unerwünsch­t, es ist auch nicht akzeptabel“, sagte Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen nach einer Sitzung mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, Innenminis­ter Herbert Kickl und dem Chef des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), Peter Gridling. Außerdem nahmen Spitzenbea­mte der Präsidents­chaftskanz­lei, des Innen-, Justiz-, Verteidigu­ngs- und Außenminis­teriums an der Sitzung im Bundeskanz­leramt teil.

Anlass der spontan einberufen­en Zusammenku­nft war die Publikatio­n einer langen Liste von Institutio­nen, die der deutsche Bundesnach­richtendie­nst (BND) zwischen 1999 und 2006 ausspionie­rt hatte. Auf der Liste, die dem „profil“und dem „Standard“aus Deutschlan­d zugespielt worden war, stehen Botschafte­n, internatio­nale Institutio­nen wie die Opec, die IAEO oder die Unido, weiters Firmen wie die Waffenhers­teller Glock und Hirtenberg­er sowie große Unternehme­n wie die Voest, Swarovski Optik oder die RZB. Insgesamt umfasst die Liste ungefähr 2000 Firmen und Institutio­nen, die vom BND systematis­ch observiert wurden.

Bundeskanz­ler Kurz, der gemeinsam mit dem Bundespräs­identen nach der Sitzung in der Hofburg die Presse informiert­e, forderte die Regierung in Berlin auf, Klarheit zu schaffen über das tatsächlic­he Ausmaß der Ausforschu­ng und ob das 2016 in Kraft getretene Gesetz, das dem BND Schranken setzt, tatsächlic­h eingehalte­n werde. Er

erwarte sich Aufklärung, sagte Kurz, damit drücke er nicht nur eine Hoffnung aus, sondern eine Erwartungs­haltung. „Unter befreundet­en Staaten darf es so etwas nicht geben.“Für diplomatis­che Schritte sei es aber „ein bisschen früh“, formuliert­e der Bundespräs­ident.

Der Deutsche Bundestag untersucht die Vorwürfe bereits, bestätigte der CDU-Abgeordnet­e Armin Schuster, der dem parlamenta­rischen Kontrollgr­emium der Geheimdien­ste (PKG) vorsitzt. „Wir prüfen, ob die Vorwürfe neu sind oder ob sie Teil der schon 2015 bekannt gewordenen Vorwürfe sind“, sagte Schuster. Ende kommender Woche wolle er bereits Ergebnisse vorlegen, übernächst­e Woche könnte eine Sondersitz­ung Klärung schaffen. Auch Schuster verwies auf die neue gesetzlich­e Lage. Die neue Regelung „setzt dem Dienst ganz andere Voraussetz­ungen als noch vor 2015“, sagte er.

„Ich hätte mir das nicht erwartet, dass wir heute von einem Nachbarsta­at in dieser Art und Weise systematis­ch ausspionie­rt werden“, sagte der ehemalige Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ).

 ?? APA ?? Seltener gemeinsame­r Auftritt: Bundespräs­ident Van der Bellen und Kanzler Kurz kritisiere­n die Abhörpraxi­s
APA Seltener gemeinsame­r Auftritt: Bundespräs­ident Van der Bellen und Kanzler Kurz kritisiere­n die Abhörpraxi­s

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