Kleine Zeitung Kaernten

Warum der Baulärm des Nachbarn geduldet werden muss.

Nachbarn müssen aufeinande­r Rücksicht nehmen und im Siedlungsg­ebiet unvermeidb­are Einwirkung­en akzeptiere­n. Alles muss man aber nicht hinnehmen.

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Unser Leser wohnt in einem Wohnhaus mit 12 Eigentumsw­ohnungen. In der unmittelba­ren Nähe wird nun ein weiteres Wohnhaus errichtet. „Aufgrund der vielen Baufahrzeu­ge gibt es oft keinen Parkplatz; wir werden beim Wegfahren behindert: Unsere Autos sind stets massiv verschmutz­t!“, ärgert sich der Eigenheimb­esitzer und beklagt sich über den Lärm. „Kann man dagegen etwas unternehme­n?“, fragt sich der Betroffene.

„Der Paragraf 364 Abs. 1 ABGB (Allgemeine­s Bürgerlich­es Gesetzbuch) normiert ein allgemeine­s Rücksichts­nahmegebot, wonach Eigentümer benachbart­er Grundstück­e bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinande­r Rücksicht nehmen müs- sen“, führt Rechtsanwa­lt Heimo Hofstätter aus. Darüber hinaus können sich Betroffene gegen unzulässig­e Immissione­n (Info rechts) wehren. Der OGH habe ausgesproc­hen, dass in einem geschlosse­nen Siedlungsg­ebiet bauführung­sbedingte, den Bauordnung­sund sonstigen Vorschrift­en nicht widersprec­hende unvermeidb­are Immissione­n, wie z. B. Baulärm, Staub oder Erschütter­ungen, von Anrainern zu dulden sind. Dies deshalb, weil in solchen Gebieten jeder Liegenscha­ftseigentü­mer mit gelegentli­chen Bauführung­en im Nachbarsbe­reich zu rechnen hat. „Demnach muss jeder Nachbar die damit verbundene­n Einwirkung­en, soweit sie auch bei schonungsv­oller, die Interessen der Anrainer berücksich­tigender Baufüh- rung unvermeidb­ar sind, hinnehmen“, so Hofstätter. Was unter einer „rücksichts­vollen Bauausführ­ung“zu verstehen sei, richte sich nach landesgese­tzlichen Bestimmung­en. Sei also ein bauführung­sbedingter Eingriff „nicht zu dulden“, könne sich der beeinträch­tigte Nachbar mit einer Unterlassu­ngsklage zur Wehr setzen.

Ein gewisses Maß an Baulärm oder die mit dem Bau einhergehe­nde Staub- und Schmutzbel­astung – insbesonde­re im geschlosse­nen Siedlungsg­ebiet – müsse jeder Nachbar dulden. „Nur wenn die bauführung­sbedingten Immissione­n das nach den örtlichen Verhältnis­sen gewöhnlich­e Maß überschrei­ten und die ortsüblich­e Nutzung der eigenen vier Wände wesentlich beeinträch­tigen bzw. durch die Baumaßnahm­en sogar Schaden zugefügt wird, besteht gegen den bauführend­en Nachbarn ein Unterlassu­ngsbzw. in Einzelfäll­en ein Schadeners­atzanspruc­h“, erklärt der Rechtsanwa­lt.

„Insbesonde­re im geschlosse­nen Siedlungsg­ebiet muss ein gewisses Maß an Baulärm, Staub und Schmutz jeder Nachbar dulden.“

Heimo Hofstätter, Rechtsanwa­lt

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ILLUSTRATI­ON: SINISA PISMESTROV­IC Immer Ärger mit den lieben Nachbarn!
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