Andreas Gabalier spielte in München vor 80.000 Menschen.
Andreas Gabalier hat am Samstag zum dritten Mal das Münchner Olympiastadion gefüllt. Musikalisch und optisch gab es eine sanfte Abkehr vom rustikalen Ambiente.
Kleine Münchner Schnurre als Intro: „Eine Weißwurst mit Sauerkraut“, begehrt der Gast in einem Biergarten. „Na!“, sagt der Kellner. „Haben Sie nicht?“, fragt der Gast. „Doch!“, bellt der Kellner. „Aber zusammen servier ich Ihnen das nicht.“
Ganz so dogmatisch ging es Samstagabend im Olympia-Stadion nicht zu, das Andreas Gabalier das dritte Jahr en suite füllte. 80.000 Menschen waren gekommen, um diese hochgradig massenkompatible Mischung aus Austropop, Rock und volkstümlicher Partymusik zu hören. Unterfüttert wird dieses Erfolgsrezept durch optische Einigkeit. Tracht ist natürlich Trumpf, wenn der VolksRock-’n’-Roll-Triumphator zum Stelldichein ruft. Und warum die eine oder andere GabalierAdorantin kleidungstechnisch nicht ganz so sattelfest ist, dafür gibt es jetzt auch eine Erklärung. „Mei Dirndl is dreckig“, steht auf dem T-Shirt einer Dame in karierten Leggings.
Darüber, dass er daheim in Österreich von Musikerkollegen gerade wieder wegen seines wertekonservativen Heimatverständnisses geschimpft wird, braucht sich Andreas Gabalier in München nicht den Kopf zu zerbrechen. Hier geht es nicht um rechts oder links, sondern oben oder unten. Sind die Hände der Fans unten, geht es gerade ruhiger zu auf der Riesenbühne, sind die Hände oben, geht die Party ab. Öfter waren sie an diesem Abend oben, die Hände. Obwohl die Grundfesten seiner musikalischen Welt stehen bleiben, reißt Andreas Gabalier derzeit doch die eine oder andere Zwischenwand ein. Das Bühnenbild ist ein Signal dafür. Früher herrschte eher rustikales Bauernstubenambiente, jetzt werden urbane Skylines auf die Videowalls projiziert. Es geht von der Alm in die Stadt. Vom Zirbitzkogel nach Nashville. Das spiegelt sich auch in der Musik wider. Sicher, aus der Ziehharmonika wird noch immer Volkstümliches gequetscht; aber der Rock, den sich Gabalier schon immer aufs karierte Taschentuch geheftet hat, steht jetzt tatsächlich im Vordergrund.
Trotz zarten Wandels herrschte im Olympiastadion Festtagsstimmung. Denn der „Steirerbua in der Lederhose“(Selbstbeschreibung) weiß, was seine Anhänger wollen. Viel Party und ein wenig Pathos. Der Bergbauernbua marschiert auf, die Madln sind fesch, und bei Hulapalu zuckt nicht nur das Neonlicht auf der Bühne völlig aus. Gabalier ist ein HochleistungsEntertainer, der die Gemüter nicht nur erregt, sondern auch
bewegt. Sieben Songs aus dem neuen Album wurden ins Programm aufgenommen, alle fanden sofort Aufnahme in den Fan-Kanon. Natürlich lieferte Gabalier auch die Pflichthadern ab. „I sing a Liad für di“wurde gleich zwei Mal angestimmt, die Volks-Rock-’n’-Roll-Hymne wurde heftig betanzt und bejubelt, und bei den stillen Songs verwandelte sich das Stadion in ein (Handy-)Lichtermeer. Fast drei Stunden dauerte die Show, die Stammband war mit Bläsern, Streichern und erstklassigen Sängerinnen garniert. „Ich stehe seit neun Jahren auf der Bühne, da gibt es auch Gegenwind“, sagte Gabalier im Laufe dieses Abends. Die Diskussion darüber, dass wir uns noch immer recht schwer mit dem Heimatbegriff tun, wird weitergehen. Aber für die 80.000 Menschen in München war dieses Konzert schlicht und einfach: So ein schöner Tag.