Kleine Zeitung Kaernten

Sandwich mit Ablaufdatu­m

Österreich­s Regierung prescht mit einer Digitalste­uer vor. Ein mutiger Schritt, der die Dringlichk­eit des Themas unter Beweis stellt. Doch ein nationaler Alleingang greift zu kurz.

- Roman Vilgut roman.vilgut@kleinezeit­ung.at

Wer bei „Double Irish with a Dutch Sandwich“an einen Kaffee mit viel Whiskey und Weißbrot mit Käse denkt, liegt leider vollkommen falsch. Es handelt sich nämlich um eine gefinkelte Methode zur Steuerverm­eidung, besonders beliebt bei USamerikan­ischen Internetko­nzernen wie Google, Apple, Facebook oder Amazon. Ohne näher auf die Details einzugehen: Dank diesem System zahlen die Konzerne fast keine Steuern auf ihre Gewinne und wenn doch, dann nicht in dem Land, in dem sie erwirtscha­ftet wurden.

Das Problem ist seit Jahren bekannt. Und genau so lange wird versucht, eine Lösung zu finden. So pochen nicht nur Österreich und Frankreich auf eine faire Besteuerun­g der Internetgi­ganten, die EU-Kommission hat sogar bereits ein Modell erarbeitet. Demnach könnte man die Umsätze mit Online-Dienstleis­tungen von IT-Konzernen mit drei Prozent besteuern. Um kleinere Unternehme­n zu verschonen, soll das erst bei einem weltweiten Jahresumsa­tz von 750 Millionen Euro geschehen. Damit das bis 2020 umgesetzt werden kann, müsste man sich aber auf EUEbene noch heuer einig werden. Und genau hier liegt der Hund begraben. Denn es gibt auch Gewinner dieser Steuerkons­trukte, namentlich Irland, die Niederland­e und Luxemburg. Viele ausländisc­he IT-Konzerne haben in diesen Ländern ihre Europazent­rale. Dementspre­chend zögerlich sind diese beim Thema Digitalste­uer.

Doch Österreich­s Regierung will nicht mehr warten: Notfalls will man die Internetgi­ganten im Alleingang zur Kasse bitten. Es ist ein klarer Schritt in Richtung Fairness: Wo die Wertschöpf­ung geschieht, sollte auch der entspreche­nde Steuerante­il gezahlt werden. Was die Regierung aber nicht vergessen darf: Steuerverm­eidung wird nicht nur von IT-Konzernen betrieben. Bekannt ist das von SPÖ-Chef Christian Kern zitierte Beispiel, nach dem der USKonzern Starbucks in Öster- reich weniger Steuern zahle als ein Würstelsta­nd. Die US-Kaffeekett­e nutzt dafür die bekannten Steuerfluc­ht-Systeme, ebenso wie die Möbelkette Ikea oder der Sportartik­el-Händler Nike. Und die Liste wird mit jedem Konzern länger, der seine Zentrale auf dem Papier in eine Steueroase verlegt.

50 bis 70 Milliarden Euro an Steuereinn­ahmen gehen so jährlich verloren. Dieser EU-internen Steuerfluc­ht ein Ende zu setzen, ist längst überfällig. Und es ist ein gutes Zeichen, dass Österreich­s Regierung bereit ist, sich des Themas anzunehmen. Schließlic­h wird mit 1. Juli die EU-Ratspräsid­entschaft übernommen. Ideale Voraussetz­ung, um eine europäisch­e Lösung zu finden. Ein rein österreich­isches Gesetz kann das Problem der Steuerfluc­ht nämlich nicht lösen.

Denn lassen Sie uns ehrlich sein: Österreich ist für Google, Facebook und Co nicht mehr als ein Anhängsel Deutschlan­ds. Nur weil hier plötzlich Steuern anfallen, wird kein IT-Konzern die bisherigen Praktiken ad acta legen. Der nationale Alleingang sollte daher nur die Ultima Ratio bleiben.

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