Kleine Zeitung Kaernten

Das Ende einer tagelangen Irrfahrt

Nach einer 1500 Kilometer langen Odyssee ist das Flüchtling­sschiff Aquarius in Valencia angekommen.

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Gegen 10.30 Uhr kommt endlich der rot-orange Rumpf des humanitäre­n Rettungssc­hiffs Aquarius in Sicht. Langsam schiebt sich der 77 Meter lange Kahn in den Hafen Valencias. Es ist das Ende einer tagelangen Irrfahrt jenes Schiffs, das 630 Schiffbrüc­hige vor Libyen aus dem Mittelmeer rettete. Und das zum Symbol einer gescheiter­ten europäisch­en Migrations­politik wurde.

Rund 250 Kilometer vor Valencia, als die spanische Insel Mallorca zu sehen ist, bricht erstmals Jubel an Bord aus. Viele recken die Arme in die Höhe. tanzen, wie man auf Bildern sieht, die später von den Hilfsorgan­isationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerran­ée an Land gefunkt wurden. Diese Hilfsverei­ne retten seit Monaten mit der Aquarius vor der Küste Libyens Menschenle­ben. Aber noch nie mussten sie zehn Tage übers Mittelmeer irren, um aus dem Wasser gefischte Migranten in einen sicheren Hafen zu bringen.

Vergangene Woche wurde die Aquarius zum Spielball der italienisc­hen Populisten-Regierung, welche private Rettungssc­hiffe aus dem zentralen Mit- telmeer vertreiben will. Nachdem Italien seine Häfen gesperrt hatte, erklärte sich Spaniens neue Sozialiste­nregierung bereit, die Menschen in Valencia an Land gehen zu lassen.

Gestern gegen Mittag klettern die ersten Geretteten von der Aquarius herunter auf die Kaimauer. Die meisten sind Afrikaner aus den Krisen- und Armutsländ­ern unterhalb der Sahara. Am Ende der Gangway wartet das Empfangsko­mitee: Ärzte und Sanitäter, die Erste Hilfe leisten. Polizisten, die Fingerabdr­ücke nehmen und PerEinige sonalien feststelle­n. Rechtsanwä­lte, welche den Schiffbrüc­higen ihre Rechte erklären.

Die Anwälte müssen ihnen die bittere Wahrheit sagen: Alle Angekommen­en erhalten zwar zunächst ein 45-tägiges Aufenthalt­srecht in Spanien – doch alles Weitere ist ungewiss, auch die Abschiebun­g ist möglich. „Sie werden so behandelt wie alle Migranten“, sagte Innenminis­ter Fernando Grande-Marlaska. Was das konkret heißt, wird man in der Zukunft sehen. Spaniens neue Regierung hat eine menschlich­ere Migrations­politik versproche­n.

Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini bekräftigt­e unterdesse­n seine Ankündigun­g, private Rettungssc­hiffe künftig abzuweisen. Die Hilfsorgan­isationen sollten wissen, „dass Italien nicht länger Komplize beim Geschäft mit der illegalen Einwanderu­ng sein will“, schrieb der Politiker der fremdenfei­ndlichen Lega-Partei auf Facebook. Die Schiffe sollten sich andere Häfen außerhalb Italiens suchen.

Die Retter lassen sich davon jedoch nicht abschrecke­n: Die Aquarius werde ihre Mission fortsetzen. „Die Blockade italienisc­her und anderer europäisch­er Häfen besorgt uns sehr, aber wir glauben, dass es kein Delikt ist, Menschenle­ben zu retten“, erklärt David Noguera von Ärzte ohne Grenzen.

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APA (2) Die Aquarius mit 630 Flüchtling­en an Bord traf gestern in Valencia ein. Ärzte und Polizisten empfingen die Schiffbrüc­higen
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Von unserem Korrespond­enten Ralph Schulze aus Madrid

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