Kleine Zeitung Kaernten

Nach dem Wirbel rund um die Gleitzeit wird von der Regierung beteuert: Zuschläge für die Überstunde­n bleiben erhalten.

Licht ins Dunkel? Nach Verwirrung­en um neue Gleitzeitr­egelungen rückt die Regierung aus und garantiert die Überstunde­nzuschläge. Fragezeich­en bleiben dennoch.

- Von Markus Zottler

Es war eine Steilvorla­ge für die Gewerkscha­ft, die IVPräsiden­t Georg Kapsch und der designiert­e Wirtschaft­skammer-Generalsek­retär Karlheinz Kopf lieferten. In der Diskussion­ssendung „Im Zentrum“– Thema waren die geplanten Änderungen der Arbeitszei­tbestimmun­gen – sprachen sie von einem Wegfall der Überstunde­nzuschläge bei Gleitzeita­rbeit. Sprich: Künftig solle die Gleitzeit nicht nur von zehn auf maximal zwölf Stunden am Tag angehoben werden, sondern auch die Zuschläge für derlei geleistete Mehrstunde­n fallen.

Die Reaktion folgte auf dem Fuß: „Eine Million Arbeitnehm­er könnte um Zuschläge umfallen“, ließ Renate Anderl, Präsidenti­n der Arbeiterka­mmer, wissen. Von „Lohnraub“sprach Gewerkscha­fter Josef Muchitsch, bevor IV, WKÖ und Regierung zur großen Richtigste­llung ausrückten. Die „Zuschläge für die neunte, zehnte, elfte und zwölfte Stunde“würden bleiben, erklärte Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck. „Weil wir an den Normalarbe­itszeiten nichts geändert haben.“

Noch einen Schritt weiter geht im Gespräch mit der Kleinen Zeitung Roland Gerlach. Der Jurist sieht in der Debatte gar „einen Sturm im Wasserglas“. Die Zuschläge würden „nicht wegfallen“, entscheide­nd sei „wie schon bisher“, ob jenseits der Normalarbe­itszeit (acht Stunden) freiwillig oder angeordnet gearbeitet wird. Kann der Arbeitnehm­er Beginn und Ende der Arbeitszei­t nicht mehr selbst bestimmen, fällt er

aus der Gleitzeit und die Stunden neun bis zwölf werden zu zuschlagsp­flichtigen Überstunde­n. Juristisch heikel könnte es laut Gerlach bei „All-in-Klauseln“werden. Diese beinhalten nämlich – gegen einen erhöhten Lohn – oft den Zusatz, wonach „alle zulässigen Überstunde­n“abgegolten werden. Ab Jänner könnten das aber zwölf Stunden anstelle der zuvor geltenden zehn sein. Die vielen, vielen Verträge wurden also eigentlich unter anderen Bestimmung­en abgeschlos­sen.

Ortswechse­l. Vorsichtig­er zeigt man sich in Sachen „Gleitzeit“beim Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo). Ulrike Famira-Mühlberger erzählt vom „Graubereic­h zwischen angeordnet­er und nicht angeordnet­er Überstunde“und den Fragezeich­en bezüglich der „einen Million Gleitzeita­rbeitenden“. Das könne man so beim Wifo aus keiner Statistik explizit herauslese­n. Anderswo wird die Ökonomin deutlich: „Es zeigt sich statistisc­h klar, dass die Unfallgefa­hr ab der zehnten Arbeitsstu­nde signifikan­t ansteigt.“Außerdem sieht sie einen „negativen Zusammenha­ng“zwischen „langen Arbeitszei­ten und Produktivi­tät“.

„Tendenziel­l positiv“steht indes Helmut Hofer, Arbeitsmar­ktexperte beim IHS, einer Flexibilis­ierung gegenüber. Wenngleich ihm „innovative­re Arbeitszei­tmodelle auf Betriebseb­ene lieber wären“. Für Hofer das Wichtigste: „Das gute Arbeitskli­ma, eine von Österreich­s Stärken, darf nicht gestört werden.“

Womit zumindest ein Punkt gefunden wäre, der ausschließ­lich Zustimmung erfährt.

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WIFO Ulrike FamiraMühl­berger (WIFO)
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APA Helmut Hofer (IHS)
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„Eine Million könnte um Zuschläge umfallen“: Renate Anderl (AK)
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APA „Sturm im Wasserglas“: Arbeitsrec­htler Roland Gerlach

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