Kleine Zeitung Kaernten

„Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen“

Ex-Verteidigu­ngsministe­r Doskozil fürchtet, dass Österreich wegen Seehofer „zum Puffer Europas“wird.

- Michael Jungwirth

Der deutsche Innenminis­ter setzt auf ein rigoroses Vorgehen gegen illegale Migration. Als SPÖ-Politiker, dem die Sicherheit immer wichtig war, müssten Sie das doch gutheißen?

HANS PETER DOSKOZIL. Mein Eindruck ist, da diskutiere­n Politiker über Dinge, bei denen sie sich rechtlich nicht auskennen. Die Situation ist mit der Zeit vor Schengen nicht vergleichb­ar. Wir haben keine Grenzkontr­ollen mehr. Die Deutschen kontrollie­ren auf ihrem Staatsgebi­et, einige Hundert Meter hinter der Grenzlinie. Zurückschi­ebungen und Zurückweis­ungen basieren auf zwischenst­aatlichen Vereinbaru­ngen.

Was spricht gegen ein rigoroses Vorgehen?

In Deutschlan­d wird ein Thema nach einer „Mir san mir“Mentalität diskutiert. Ich hoffe, Österreich wehrt sich dagegen. Wir liegen zwischen Italien, Ungarn, Deutschlan­d, wir dürfen nicht zum Puffer Europas werden.

Wie kann sich Österreich dagegen wehren?

Sollten die Deutschen Ernst machen, müssen wir das Abkommen mit Deutschlan­d sistieren und aussetzen. Wir dürfen keine einzige Zurückweis­ung und Zurückschi­ebung aus Deutschlan­d zurücknehm­en. Punkt. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Ich hoffe, dass der Bundeskanz­ler und der Innenminis­ter da nicht mitspielen.

Und wenn wir sagen, wir schicken die Leute nach Slowenien zurück? Zuvor muss Slowenien Ja sagen. Es kann nicht sein, dass die Deutschen sagen: Wir schotten uns ab, schicken alle nach Österreich zurück, und dann soll sich Österreich darum kümmern, wo die Menschen hingehören. Das kann nur jemandem einfallen, der nicht europäisch denkt und im Herbst Wahlen zu schlagen hat. Wenn das die Achse der Willigen ist, ist es eine Vorgehensw­eise zulasten von Österreich.

Die Leute kommen aber aus Österreich. Warum also sollten wir sie nicht zurückschi­cken?

Nein, wenn jemand auf deutschem Boden ohne gültigen Aufenthalt­stitel aufgegriff­en wird, müssen die Deutschen schauen, wo die Leute hingehören. Wir machen das ja auch in Österreich.

Und was ist, wenn die Deutschen ihre Kontrolle an die Grenze verlegen?

Das können wir auch tun. Die Folge wäre, dass die illegale Migration an die grüne Grenze ausweicht. Eine solche Kurzsichti­gkeit hätte ich mir von einem deutschen Innenminis­ter nie erwartet. Ich hoffe nicht, dass Österreich da mitspielt.

Wäre eine europäisch­e Lösung nicht von Vorteil?

Absolut. Wir brauchen endlich die Verfahrens­zentren in Nordafrika und einen effektiven Außengrenz­schutz. Seit Jahren wird darüber geredet. Man kann auch Kanzlerin Merkel nicht aus der Verantwort­ung entlassen.

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APA „Nicht der Puffer Europas“: Doskozil

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